Remscheider angeklagt Vor Gericht sind einige Fragen offen

Remscheid/Wuppertal · Ein Syrer aus Remscheid muss sich wegen versuchter räuberischer Erpressung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor dem Landgericht Wuppertal verantworten.

 Der Prozess wird fortgesetzt.

Der Prozess wird fortgesetzt.

Foto: dpa/Peter Steffen

Das ursprüngliche Dreiecksverhältnis (ein Opfer, zwei Angeklagte) erweitert sich im Lauf der Verhandlungstage durch die Informationen von Randfiguren. Es bleibt kompliziert! Und die Sprachbarrieren werden oft stachelig, wenn eine korrekte Übersetzung misslingt.

Nein, so der Ex-Ehemann des derzeit wegen einer Covid-19-Erkrankung in einer Klinik liegenden Opfers: Deutsch zu lernen, hätten sie beide zwar kurz versucht, aber dann doch für überflüssig gehalten. Das folgenreiche Kennenlernen seiner Ex-Frau und des Angeklagten in der Sprachschule sei auch nicht hilfreich gewesen – die Ehe sei nach zehn Jahren daran zerbrochen.

Gekannt habe er seine Ex bereits, als sie 14 Jahre alt war, mit 15 Jahren wäre sie dann mit ihm verheiratet worden. Zu der dreijährigen Tochter habe er Kontakt und kümmere sich, man wohne im gleichen Haus, sein Verhältnis zu ihrer Mutter sei mittlerweile neutral: „Sie ist ein guter Mensch“.

Der Angeklagte habe seine Ex unter Druck gesetzt: Entweder Heirat mit ihm oder Geld für die kompromittierenden Aufnahmen auf seinem Handy, die er sonst der streng konservativen Familie in Syrien schicken würde oder noch viel schlimmer: ihren Brüdern in Hamburg. Die hätten sie wohl zwischenzeitlich aus dem Chaos in Remscheid reißen wollen und für kurze Zeit nach Hamburg geholt.

Er selbst als Ex-Mann habe damit aber nichts mehr zu tun, da gäbe es in seinem Kulturkreis klare Regeln. War die Forderung des Angeklagten nach Geld oder Heirat nun eine echte Erpressung? Nach seiner Meinung fürchtete das Opfer, dass Eltern oder Brüder die kompromittierenden Aufnahmen zu Gesicht bekämen.

Die kurze Affäre mit dem Friseur – so es denn eine war – sei für den Angeklagten verletzend, aber nicht so wichtig gewesen. Mit ein paar Ohrfeigen (und den Schlägen mit einem Kleiderbügel) habe der sich abreagiert, sie sogar bis ins Frauenhaus verfolgt. Ein streng verbotenes Treffen mit ihm schlug auf sie zurück und wurde sofort mit dem Rauswurf geahndet.

Er betonte, dass er keinen Streit mit seiner Ex habe, wolle nur das Beste für die Tochter, entscheidend sei ihre Familie, nicht seine Meinung. Das habe ihm auch der Angeklagte laut und deutlich zu verstehen gegeben. Als wahrem Macho sei dem auch die Meinung der Freundin egal. Sie könne wählen: Heirat oder Geld. Und die zweite Angeklagte habe noch ergänzt: Oder noch mehr Schläge.

Diese einfache Sicht der Dinge war für die mit der Sache befassten Polizeibeamten im Zeugenstand nicht nachzuvollziehen. Die Forderung des Angeklagten nach Rücknahme der beiden Anzeigen stieß bei ihnen auf Unverständnis. Denn ausweislich ihrer Befragungen habe der Angeklagte das Opfer auch mit dem Tod bedroht und der Entführung des Kindes, nicht nur mit der Versendung von intimen Fotos und Chats. Und dass das Opfer sich die Verletzungen selbst beigebracht habe, sei unwahrscheinlich.

Da sind noch einige Fragen offen, besonders an das Opfer. Der Prozess am Wuppertaler Landgericht wird fortgesetzt.

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