Konzert in Remscheid „Three Wise Men“ auf Europakurs

Remscheid · Die drei Profi-Jazzmusiker beeindruckten in der Lenneper Klosterkirche mit europäischen Melodiensammlung. Das Publikum war begeistert.

 „Three Wise Men“, drei großartige Musiker – sowohl im Zusammenspiel als auch solo.

„Three Wise Men“, drei großartige Musiker – sowohl im Zusammenspiel als auch solo.

Foto: Jürgen Moll

Es kann kaum als Antwort auf Putins Angriffskrieg auf die Ukraine gedeutet werden - dazu hätten sich die „Three Wise Men“ nun doch in Windeseile auf ihr aktuelles Programm „The European Songbook“ vorbereiten müssen. Aber es kann durchaus als einer jener Zufälle des Lebens in die Klosterkirche-Historie eingehen, die man sich besser nicht hätte ausdenken können. Denn die drei Vollblut-Jazzer, die am Mittwochabend vor gut besuchter Kulisse ihren virtuosen Swing-Jazz im Minoritensaal erklingen ließen, kamen nicht nur selbst aus unterschiedlichen Ländern. Auch ihre verjazzten Interpretationen klassischer und populärer Musikstücke stammten von Komponisten vom ganzen europäischen Kontinent. Und konnten somit durchaus als ein gänzlich unpolitisches Zeichen des inneren Zusammenhalts gesehen werden.

Aber auch ohne diese politische Sichtweise funktionierte das Programm als ein Beispiel für wunderbare Vielfalt. Schon vom ersten Ton an, einer kleinen Interpretation des Gefangenenchors aus der Oper „Nabucco“ von Giuseppe Verdi, war klar, dass hier die schiere Spielfreude zelebriert wurde.

Es wurde ein einzelnes Set ohne Pause gegeben, was aber nicht weiter schlimm war: Zum einen ist man das aus den vergangenen Corona-Monaten durchaus gewohnt, zum anderen perlte die Musik so gefällig in den Minoritensaal, dass man eine Unterbrechung in Form einer Pause sicher eher als störend empfunden hätte.

Das galt sowohl für die hervorragend als Trio präsentierten Stücke, etwa der Schlager „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ von Franz Doelle, ein Exzerpt aus Franz Léhars Operette „Die lustige Witwe“ oder der heiße Jazz-Feger „Swiss Air“. Aber auch dann, wenn Sportiello alleine am Klavier saß, ein wenig des ganz klassischen Frederic Chopins in den Fingern, nur um nach etwa der Hälfte in eine wahrhaft feurige Jazz-Improvisation auszubrechen, an deren furiosen Schlusspunkt völlig zu Recht begeisterter Applaus aufbrandete.

Ob Roberscheuten, Sportiello und Breinschmied nun tatsächlich weise waren, sei einmal dahingestellt. Virtuos war das Trio aber auf jeden Fall. Und sorgte beim Publikum für große Begeisterung. Etwa beim vierteiligen italienischen Medley, bei dem jeder der drei Musiker sein Instrument in den Mittelpunkt stellen durfte. Wobei vor allem Breinschmied am Xylophon begeisterte, auf dem er als erster eine neapolitanische Weise zum Besten gab, ehe Roberscheuten es ihm mit Ennio Morricones „Cinema Paradiso“ gleichtat. Das mündete in einer relativ kurzen Piano-Interpretation eines der bekanntesten italienischen Lieder überhaupt, natürlich „O sole mio“, durch Sportiello - ehe das Trio in eine mehrminütige gemeinsame Improvisationsorgie einstieg. Auch hier wieder - kräftiger Applaus des begeisterten Publikums.

Nach rund einer Stunde bog das Trio schon auf die Zielgerade ein, viel zu früh, aber mit den beiden Schlussstücken hatte man dem Publikum wenigstens noch zwei richtige Sahnestückchen mitgebracht. Zum einen eine Interpretation des unter dem Titel „Full Moon And Empty Arms“ als Pop-Song bekanntgewordenen zweiten Klavierkonzerts von Sergej Rachmaninow. Und dann, schöner hätte es kaum sein können, die vom furiosen Schlagzeugspiel befeuerte und von den Melodien am Saxophon und Klavier gleichermaßen vorangetriebene „Badinerie“ von Johann Sebastian Bach.

Mit den Schlusspunkten war das ja immer so eine Sache. Einerseits wäre es ein perfekter gewesen, dramaturgisch wunderbar zum Schlussakkord hin aufgebaut, der dann auch astrein gesetzt war. Andererseits - zum Glück hatten „Three Wise Man“ ein Einsehen und präsentierten noch den jiddischen Klassiker „Bei mir bistu scheyn“ als Zugabe. Und bei der wuchs der österreichische Schlagzeuger über sich hinaus. Nicht nur spielte er auf seiner Snare-Drum die Melodie, nein, er nutzte auch eine Batterie Flaschen als Xylophon-Ersatz für furiose Soli, nur um dann direkt wieder die Kessel zu rühren, als sei er der selige Buddy Rich persönlich. Dafür - und für die Leistung seiner Kollegen natürlich gleichermaßen - gab es dann sehr ungewohnt, aber völlig berechtigt, Standing Ovations in der Klosterkirche.

Noch was? Ja, das eben Gehörte hätte zwar auch so bestehen können, dennoch schickte man das Publikum mit einer völlig abgefahrenen und rotzfrechen Version des bekannten Schlaflieds „Guten Abend, gut‘ Nacht“ von Johannes Brahms mit Walking Bass am Klavier, Glockenspiel- und Saxophon-Soli sowie furiosem Schlagzeug in den Feierabend.

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