Kultur in Remscheid Theaterleute wollen Krise sinnvoll nutzen

Innenstadt · Die Techniker nutzen die Zeit ohne Vorstellungen, um die Bühne des Teo Otto Theaters in der Innenstadt auf Vordermann zu bringen. Die Musiker übertragen derweil Konzerte im Internet.

 Die Theatertüren sind geschlossen, die Botschaft macht Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.

Die Theatertüren sind geschlossen, die Botschaft macht Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.

Foto: Henning Röser

Die Krise nutzen. Mit dem Unerwarteten umgehen. Aus dem Notfall im besten Sinne einen Fall für die Kunst machen. Die Mitarbeiter des Teo Otto Theaters und die Mitglieder der Bergischen Symphoniker haben beste Vorsätze, die Zeit der Schließung der Spielstätten und das Verbot zur Ausübung ihres Berufs einigermaßen sinnvoll und kreativ zu nutzen.

Der Vorhang bleibt unten. Auf unbestimmte Zeit. Die Techniker können aber Arbeiten erledigen, die ansonsten immer liegen bleiben und für die während der Spielzeit meist keine Zeit übrig ist. „Bei uns werden alle Scheinwerfer überprüft und alles ausgebessert , was möglich ist“, sagt Lutz Heinrichs, Geschäftsführer des Theaters. Arbeiten, die häufig in der Spielzeitpause anfielen, werden also vorgezogen. So wie zum Beispiel das Streichen der Rückwände im Orchestergraben mit schwarzer Farbe, damit die Konzentration auf die Bühne nicht von heller Farbe abgelenkt wird. Und auch die Besucherterrasse befindet sich in einem aufgehübschten Zustand. Die Mitarbeiter haben sie abgekärchert.

Eine verlässliche Spielplanplanung für die nächste Saison gleicht einem Turmbau, der täglich einzubrechen droht. „Das ist alles eine einzige Wundertüte“, sagt Sven Graf, künstlerischer Leiter des Teo Otto Theaters. Eigentlich standen alle Aufführungstermine für seinen ersten Spielplan fest. Bis das Coronakrisenvirus alle Absprachen zerfraß. Graf zeigt Verständnis dafür, dass die Öffnung der Kultureinrichtungen im Augenblick nicht das dringendste Problem sei, das es zu lösen gelte. Aber die Verwerfungen auf dem Theatermarkt werden gravierend sein. „Ich bin nicht sicher, ob alle Tourneetheater überleben“, sagt Graf. Die nächsten Produktionen werden immer finanziert von den erspielten Einnahmen. Den Tourneebühnen bricht eine halbe Spielzeit weg.

Wie soll es weitergehen? Graf weiß es nicht. Die Branche ist besorgt. Für die nächste Spielzeit hat er eine Tanzcompagnie aus New York eingeladen. Kommt diese Produktion zustande? Wahrscheinlich taucht sie im neuen Almanach auf, um bis zum letzten Moment allen ein Türchen offen zu halten. Graf geht davon aus, dass er den Plan für die nächste Spielzeit immer wieder ändern wird. Je nach Lage der Dinge. Flexibilität und Kreativität seien gefragt. Graf ist bemüht, aus diesen misslichen Umständen etwas Spannendes zu machen.

Am 27. Mai würde das nächste Philharmonische Konzert stattfinden. In vier Wochen also. Dieser Termin ist unwahrscheinlich. „Die Musiker sitzen zu Hause und üben“, sagt Stefan Schreiner, Geschäftsführer der Bergischen Symphoniker. Sie versuchen, mit Konzerten im Internet auf sich aufmerksam zu machen. Auf dem YouTube-Kanal der Symphoniker spielen kleine Ensembles in gebührendem Abstand. Onfire-Konzerte, Mitschnitte des WDR und Auftritte beim EWR-Konzert sind zu hören. „Wir haben
400 Zuhörer unseres Angebotes“, sagt Schreiner. Eine gute Quote, aber kein Ersatz für ein echtes Konzert. Ein 64-Mann-Orchester mit 1,50 Meter Abstand zu positionieren, sei möglich. In der Abstandsformation müsste häufiger geprobt werden. Doch was ist mit den Posaunen, Trompeten und der Tuba? „Was kommt da heraus? Darf man die einsetzen?“, fragt Schreiner. Er wartet auf klare Bestimmungen. Solange sitzen alle zu Hause und üben.

Lutz Heinrichs hat durchgerechnet, wie eine Vorstellung aussehe, bei der die Abstandsregeln eingehalten werden müssten. Zwischen den Zuschauern müssten seitlich je zwei Sitze frei bleiben sowie die Reihe davor und dahinter. Bei 600 Plätzen im Saal kommt Heinrichs auf insgesamt 100 Besucher, im ganzen Saal ordnungsgemäß verteilt. Eine solche Atmosphäre kann er sich nur schwerlich vorstellen. „Im Theater will man etwas gemeinsam erleben und nicht voneinander getrennt sitzen“, sagt Heinrichs. Im Schnitt besuchen 300 Menschen die etwas mehr als 100 Vorstellungen im Jahr. Von den Theatergängern erhält das Teo Otto Theater viel Zuspruch. „Viele Besucher spenden ihre bereits gezahlten Eintrittskarten“, sagt Heinrichs. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit der Rückerstattung oder eines Gutscheins. Aber die Gesten der Solidarität tun den Theaterleuten in der Krise gut.

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