Ehrenamt in Remscheid Jugendschöffen dringend gesucht
Remscheid · Für die Amtsperiode 2024 bis 2028 werden auch in Remscheid wieder Jugendschöffen gesucht. Ein verantwortungsvolles Ehrenamt – denn bei der Urteilsfindung geht es weniger um die Länge einer Freiheitsstrafe. Im Jugendstrafrecht steht der pädagogische Aspekt im Vordergrund.

Sabine Poppe (l.) und Stefan Grote (2.v.r.) sind seit vielen Jahren Jugendschöffen beim Amtsgericht Remscheid. Dort sitzen sie mitunter gemeinsam mit Richter Dr. Wolfram von Borzeszkowski in Verhandlungen. Kathrin Weber von der Jugendgerichtshilfe wird regelmäßig vom Jugendgericht angehört. Foto: Daniele Funke
Foto: Daniele FunkeEinbruch, Diebstahl. Betrug, Drogendelikte und Schlägereien – in der Regel sind das die klassischen Taten, wegen denen junge Menschen zwischen 14 und 21 Jahren sich vor Gericht verantworten müssen. Doch im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht, bei dem bei der Urteilsfindung meistens nur um die Länge einer Haftstrafe mit oder ohne Bewährung geht, ist das Jugendgericht dazu angehalten, wenn möglich eher nach pädagogisch sinnvollen Maßnahmen zu suchen, die den jungen Straftäter darin unterstützen, wieder auf die richtige Bahn zu finden (und möglichst dort zu bleiben).
„Wir haben im Jugendstrafrecht einen Strauß an Möglichkeiten bei der Urteilsfindung“, erklärt Dr. Wolfram von Borzeszkowski, Richter am Amtsgericht Remscheid. Stefan Grote kann das nur bestätigen. „Es ist genau der Grund, warum mir auch nach 20 Jahren dieses Amt noch so viel gibt, ich mich erzieherisch einbringen und ein Stück weit dazu beitragen kann, einen jungen Menschen vielleicht auf den richtigen Weg zu bringen.“
Grote, der vielen Remscheidern als Bezirksbürgermeister und vielleicht auch als Ratsmitglied bekannt sein dürfte, bekleidet seit mittlerweile 20 Jahren ein Jugendschöffenamt – erst am Wuppertaler Landgericht, jetzt am Amtsgericht in Remscheid. Mitunter, so sagt er, gebe es natürlich Prozesse, die seien „wirklich harter Tobak“. Etwa wenn es um sexuellen Missbrauch an Kindern geht. Grundsätzlich aber überwiege die Freude daran, etwas bewegen zu können. Dass der selbstständige Unternehmer in der Zeit der Verhandlungen nicht seiner Arbeit nachgehen kann, nimmt er gerne in Kauf. „Es ist eine so wichtige Aufgabe. Es geht nicht nur um Law & Order, sondern immer wieder darum, kreative und individuelle Lösungen im Strafbereich mit zu erarbeiten.“
Auch Sabine Poppe engagiert sich seit zehn Jahren als Schöffin im Jugendstrafrecht. „Ich bin Sozialarbeiterin. Und da ist es natürlich ein Stück weit auch meine Berufung, nach pädagogisch sinnvollen Urteilen zu suchen.“ Beide wollen auch in der kommenden Amtsperiode Schöffen bleiben – die Stadt braucht allein für den Jugendbereich insgesamt 70.
„Es wird immer schwieriger, Menschen dafür zu finden“, weiß Kathrin Weber von der Jugendgerichtshilfe beim Fachdienst Jugend der Stadt Remscheid. „Beim letzten Mal haben wir noch alle gerade so zusammenbekommen. Ich hoffe sehr, dass es diesmal auch wieder klappt.“ Bis 30. April können sich interessierte Bürger für ein Schöffenamt beim Jugendgericht melden, entweder für ein Amt beim Landgericht Wuppertal oder beim Amtsgericht Remscheid. Grundsätzlich jede Person zwischen 25 und 70 Jahren mit deutscher Staatsbürgerschaft und Wohnort in Remscheid kann sich bewerben. Ausgeschlossen sind vorbestrafte Menschen (mehr als sechs Monate Freiheitsstrafe) sowie Menschen, die gesundheitlich schwer angeschlagen sind oder sich in der Insolvenz befinden. Auch Personen, die hauptberuflich im Justizbereich tätig sind, kommen als Schöffen nicht in Betracht. „Der Schöffe soll ja als ganz normaler Bürger zu einer gerechten Urteilsfindung beitragen“, erklärt Richter von Borzeszkowski.
In der Regel ist es so, dass Schöffen jeweils zum Jahresbeginn einen Plan mit ihren Einsatztagen erhalten, sodass sie sich frühzeitig auf feste Termine einstellen können. Denn eins ist klar: Wer sich als Schöffe wählen lässt, sollte sich der Verantwortung und Verbindlichkeit bewusst sein. „Wenn man zum Beispiel am Landgericht einen mehrtägigen Prozess hat und erscheint an einem Tag nicht, muss die gesamte Verhandlung neu aufgerollt werden“, weiß Sabine Poppe. Sie betont aber auch, dass gerade am Amtsgericht Verhandlungen oft nur einen halben Tag dauern. „Wenn man wirklich mal nicht kann, wird auch immer gemeinsam mit dem Gericht nach konstruktiven Lösungen gesucht. Ich habe da nur gute Erfahrungen gemacht.“ Auch Grote nickt. „Wir werden am Gericht sehr wertgeschätzt. Das ist ein gutes Gefühl.“