Musik in Remscheid Soul Shake Party mit melancholischer Note

Lennep · Der Frust über die Corona-Auswirkungen hing am Freitagabend ein wenig über dem Auftritt der Jim Rockford Band in der Lenneper Klosterkirche.

 Gastsänger Will Russ Jr. schaffte es, das Eis im Minoritensaal zu brechen.

Gastsänger Will Russ Jr. schaffte es, das Eis im Minoritensaal zu brechen.

Foto: Jürgen Moll

Es war zumindest am Anfang nicht unbedingt das, wofür der Begriff Party einst erfunden wurde. Beinahe ein wenig bedrückt wirkten die vier Mitglieder der kleinen Besetzung der Jim Rockford Band, als sie zur ersten Soul Shake Party während der Corona-Pandemie auf die Bühne der Klosterkirche kamen.

„So ruhig war es hier noch nie“, sagte auch der Saxophonist etwas irritiert. Das lag wohl auch daran, dass zur eigentlich ausverkauften Veranstaltung am Freitagabend nur etwa 30 Zuschauer gekommen waren. Platz wäre für 90 gewesen – so viele Tickets waren auch verkauft worden. „Die Leute kommen einfach nicht, auch wenn sie die Karten bereits gekauft haben“, sagte Kulturmanagerin Sonja Tewinkel. Die steigenden Infektionszahlen in Remscheid schienen die Menschen zwar offensichtlich nicht vom Kneipenbesuch abzuhalten, wohl aber vom Konzertbesuch.

Doch schon als der erste Gastsänger des Abends, Will Russ Jr., nach dem ersten Song, „Sekundenglück“ von Herbert Grönemeyer, die Bühne betrat und die drei Soul-Klassiker „My Girl“, „Sitting On The Dock Of The Bay“ und „Georgia On My Mind“ so formvollendet und leidenschaftlich zum Besten gegeben hatte, war das Eis dann doch gebrochen. Gut, es wurde nur auf dem Sitz getanzt, das Hopsen vor der Bühne war natürlich genauso wenig möglich wie das ausgelassene Mitsingen. Aber Sonja Tewinkel hatte es bei der Begrüßung angekündigt: „Auf den Tischen zwischen Ihren Sitzen finden Sie drei Stimmungszettel. Nutzen Sie sie, wenn Ihnen danach ist!“

Auf den Zetteln, die eine „Hygienestandard-Abstands-Corona-Vorsichtsmaßnahmen-Trotzdem-Party“ darstellten, stand: „Ich tanze!“, „Ich singe mit!“ und „Party!“. Und tatsächlich wurden die Zettel immer wieder hochgehalten. Eine schöne Geste der Solidarität, die durchaus ein wenig zu Herzen ging – und eine feine Idee des Klosterkirchen-Teams.

Sie hatte also ein wenig Schwierigkeiten, in die Gänge zu kommen, diese Soul Shake Party. Aber sie war eben letztlich auch nicht dafür gedacht, dass man sie von Stühlen und mit Masken im Gesicht passiv betrachtete. Immerhin war das Klatschen erlaubt, wovon das Publikum auch ausgiebig Gebrauch machte – sowohl während der Songs als auch als Form des Applauses. Und dann kam tatsächlich doch ein wenig Stimmung auf, was auch von der schönen Lightshow unterstützt wurde, die über die Wände im Minoritensaal tanzte.

Ein wenig fehlten aber die restlichen Musiker der Band, von denen Sänger und Gitarrist Oliver Hanf das Publikum recht herzlich grüßen sollte. „Sie sind natürlich ein wenig traurig“, sagte er. Auch diese Aussage passte irgendwie zu dieser Party der etwas anderen Art . . . Der zweite Gast des Abends war Schauspieler Kai Noll, der vor allem aus der Seifenoper „Unter uns“ bekannt war, und mit Gitarre und gut bei Stimme auf die Bühne kam. Noll überzeugte mit seinem Gesang, der ein wenig an Rea Garvey erinnerte, vor allem aber mit seinen Songs, die eingängig und anspruchsvoll zugleich waren, etwa das etwas melancholische „Money“, das er 2000 in New York für einen Kurzfilm geschrieben hatte. „In diesem Film habe ich auch mitgespielt, und in der letzten Szene, in der auch das Lied vorkam, laufe ich mit einer Tasche voller Geld auf das World Trade Center zu. Ein Jahr später, na ja, wir wissen, was da passiert ist“, sagte Noll.

Es mochte absehbar gewesen sein, dass keine rauschende Party gefeiert werden konnte. Vermutlich war auch keiner im Publikum mit dieser Erwartungshaltung in die Klosterkirche gekommen. Aber dennoch war die Musik beinahe schon schmerzhaft melancholisch. Sehr gut gespielt natürlich. Und für sich betrachtet auch fraglos wunderschön. Und trotzdem fühlte man sich mehr wie bei einem Singer-Songwriter-Konzert, als auf einer klassischen Soul Shake Party. Hatte man das aber akzeptiert und konnte sich auf diese andere Ausrichtung einlassen, dann konnte man einer Handvoll Musiker bei der Arbeit zusehen, die virtuos und mit viel Leidenschaft tolle Songs präsentierten. Und dann, ja dann konnte man vielleicht auch den Titel eines Songs von Noll für bare Münze nehmen: „Alles wird gut.“

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