Wohnungsmanagement in Remscheid „In diesem Job darf man keine Berührungsängste haben“

Remscheid · Die Zentrale Fachstelle für Wohnungsnotfallhilfen kümmert sich darum, dass Menschen ohne feste Bleibe ein Dach über dem Kopf haben. Doch die Arbeit fängt nicht auf der Straße an, sondern schon weit früher, etwa bei Zwangsräumungen.

Andrea Kulessa, Linda Garcia Rocha (Wohnungsnotfallhilfe) und Carsten Thies (v.l.), Fachdienstleiter Soziales und Wohnen, helfen bei Wohnungslosigkeit.

Foto: Elena Pintus

Wer in der Zentralen Fachstelle für Wohnungsnotfallhilfen arbeitet, darf „keine Berührungsängste haben“, stellen Andrea Kulessa, Sachgebietsleiterin für den Bereich Wohnungswesen und Diplom-Pädagogin Linda Garcia Rocha klar. Kulessa ist eigenen Angaben nach vor allem für die Verwaltungsaufgaben rund um das Thema Wohnhilfe zuständig, Garcia Rocha dagegen ist als Sozialarbeiterin in der Fachstelle ausgesprochen nah an den Klienten dran.

Ihre Klienten, das sind Menschen ohne eigene Wohnung oder solche, die kurz davor sind, ihr Heim zu verlieren. „Wir sind etwa vor Ort, wenn Wohnungen geräumt werden“, erklärt Garcia Rocha. Dort spreche man die Betroffenen direkt an, um ihnen schnell Hilfe anzubieten. Viele seien aber schon vorher bekannt, würden teilweise über lange Zeiträume kontaktiert. „Leider haben wir die Erfahrung gemacht, dass vor allem in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen dann auch den Kopf in den Sand stecken, wenn sich die Schulden häufen und auch gar nicht mehr ihre Post öffnen“, beklagt Garcia Rocha. Dann sei es gut möglich, dass die Einwurfkärtchen der Wohnungshilfe übersehen werden. „Die sind dann irgendwo mit in dem Stapel an ungelesener Post drin und werden teilweise nicht einmal bemerkt“, erläutert sie.

Schulden entstünden oft nicht einfach so, erklärt Kulessa. Und oft seien sie auch nicht das Ende der Geschichte. „In vielen Fällen kommen dann weitere Probleme dazu oder waren schon vorher vorhanden und nehmen dann Überhand“, sagt sie: „So wie Suchterkrankungen, aber auch körperliche oder psychische Krankheiten.“ Manchmal lasse sich das Mietverhältnis noch retten, etwa durch eine Kostenübernahme durch die Behörde. „Wenn es um Mietschulden geht, ist der Ansatz einen Versuch wert, um das Mietverhältnis noch zu retten. Anders sieht es aus, wenn etwa wegen anhaltender Ruhestörung oder ähnlichem gekündigt wurde. Dann ist das Verhältnis meist zerrüttet und der Vermieter möchte diese Person dann auch nicht mehr im Haus haben“, erklärt Garcia Rocha.

Besonders nahe gingen ihr vor allem Zwangsräumungen, wenn Kinder involviert seien. „Ich erinnere mich noch an einen Fall, da musste eine alleinerziehende Mutter aus ihrer Wohnung raus. Das Kind saß auf der Treppe, während die Wohnung geräumt wurde und hat das Kuscheltier an sich gedrückt“, erzählt Garcia Rocha. Auch wenn alte, wenig mobile Menschen aus ihrem Zuhause raus müssten, sei das oft hart. „Natürlich berührt einen das. Aber man muss da Distanz wahren. Sonst kann man diesen Job nicht machen“, sagt die Sozialpädagogin.

Sobald jemand durch die Zentrale Fachstelle unterstützt werde, sei zuerst einmal das Einkommen zu klären, sagt Kulessa: „Denn anders kommt man aus den Schulden kaum wieder raus.“ Sie sagt weiter: „Wer nicht bei Freunden oder Verwandten unterkommt, kann über die Stadt eine Unterbringung erhalten, etwa in einer der 90 angemieteten Wohnungen in unserem Bestand.“ Das Ziel sei auch hier, langfristig den Übergang in ein richtiges Mietverhältnis zwischen dem dort Wohnenden und dem Vermieter zu ermöglichen. Parallel dazu werde jedoch auch den meist auftretenden anderen Problemen der Klienten gearbeitet. „Wir unterstützen etwa bei der Vermittlung an die Suchtberatung oder bei der Suche nach einem Therapieplatz“, so Kulessa.

Viele Klienten seien über lange Zeiträume mit der Fachstelle in Kontakt, nicht immer sei es möglich, einen Sinneswandel bei den Betroffenen hervorzurufen. Und doch: Immer mal wieder geschehe genau das. „Ja, das ist natürlich besonders schön“, sagt Garcia Rocha: „Es gibt Leute, die kennen wir seit Jahren, teilweise aus Teenager-Zeiten. Da gibt es zum Beispiel einen jungen Mann, der in einer WG von uns untergebracht war, weil er schon recht früh nicht mehr zuhause wohnen konnte. Der ruft heute noch regelmäßig an und kommt uns sogar manchmal besuchen. Mittlerweile müsste er über 30 sein“, erzählt sie und lächelt. „Die WG war genau über unseren Büros, da war der Kontakt einfach sehr eng. Für manch einen wurde man dann eben auch Bezugsperson.“

Was die beiden an ihrem Beruf besonders lieben? Garcia Rocha sagt: „Die Abwechslung“, was auch Kulessa bestätigt: „Jeder Fall ist anders, jeder ist individuell.“