Vierbeiner in Remscheid Riesenandrang bei den Hundeschulen

Remscheid · Einen freien Platz in einer Hundeschule zu finden, wird immer schwieriger. Auch in der Tagesbetreuung gibt es einen immensen Andrang. Gründe dafür sind der Rückgang des Homeoffice, aber auch unzureichend trainierte Junghunde.

 Katja Meis-Leven (links vorne) und Denise Schneider von der Hundeschule „Tippe Tappe Pfötchen“ am Blaffertsberg in Lüttringhausen.

Katja Meis-Leven (links vorne) und Denise Schneider von der Hundeschule „Tippe Tappe Pfötchen“ am Blaffertsberg in Lüttringhausen.

Foto: Jürgen Moll

Welpen, die während der ersten Coronaphase ein neues zu Hause fanden, haben sich mittlerweile zu lebhaften Junghunden entwickelt, die weitaus aktiver ihre Umwelt erkunden und probieren wollen. Nicht selten werden dabei Möbel angeknabbert und als Wirbelwind im Eifer des Gefechts beim Herumtoben Teile des Hausstandes zerstört. Für jene, die sich mit der Haltung eines Hundes auseinandergesetzt haben, ein miteinkalkuliertes Risiko und häufig nicht so dramatisch, weil sie wissen, was zu tun ist, um die Energiebündel zu bändigen.

Für andere ist dieses Verhalten jedoch völlig überraschend und ein immer größer werdendes Problem. Aus der anfänglichen Begeisterung wächst Frust. Mit Zeit und Geduld sowie dem richtigen Fachmann an der Seite lassen sich diese Schwierigkeiten bewältigen. Doch ausgerechnet daran scheint es derzeit zu fehlen.

Einen Platz in einer Hundeschule zu ergattern, gleicht mittlerweile einem Sechser im Lotto, wissen viele Neubesitzer. Franziska (34) hat vor vier Wochen den kleinen Mischlingshund Scotch bei sich aufgenommen, ein Vierbeiner aus der Tierrettung. „Ich habe es bei vielen Hundeschulen versucht und teilweise überhaupt keine Antwort bekommen.“

Bei „Tippe Tappe Pfötchen“ bekam sie auf Empfehlung einer Freundin einen Platz. „Das Bild der gut besuchten Hundeschulen stimmt definitiv“, verrät Katja Meis-Leven, Inhaberin der Lüttrinhausener Hundeschule. „Gerade unsere Junghundekurse, sind voll bis oben hin. Welpen hingegen gibt es zum Beispiel aktuell wieder weniger, als noch vor ein paar Monaten.“

Die Anzahl an Neuhundehaltern, die vorher überhaupt keine Hundeerfahrung hatten, sei deutlich gestiegen, verrät Meis-Leven. „Die meisten geben sich wirklich Mühe, ein Verständnis für ihr neues Familienmitglied zu bekommen. Hier hat sich nichts verändert zurzeit vor Corona. Massiver ist allerdings der Unterschied in der Betreuung“, berichtet die gelernte Hundephysiotherapeutin.

„Wir haben unglaublich viele junge Hunde in der Betreuung. So viele waren es vorher nicht.“ Um 20 bis 30 Prozent sei die Anfrage gestiegen. Mittlerweile erhält Meis-Leven täglich Anrufe von Haltern, die ihren Hund tagsüber betreut haben wollen.

Die Fachfrau glaubt, dass das mit der schwindenden Homeoffice-Pflicht zu tun haben könnte, aber auch an einer unüberlegten Anschaffung und unzureichendem Training. Viele Hunde hätten nicht gelernt, alleine zu bleiben. „Wir haben immer auf eine ausgewogene Mischung geachtet, sodass mehr alteingesessene gefestigte Hunde da sind als Jungspunde.“ Aktuell sei es eher umgekehrt. „Das Junggemüse kommt da eher zu uns, da sie zu Hause noch nicht so ruhig sein können wie es der erwachsene Hund vielleicht könnte.“

Die enorme Welpen-Nachfrage zu Corona hätte auch dazu geführt, dass unüberlegt Rassenmixe entstanden seien: „Ich merke, dass immer mehr Rassen immer weniger ausgeglichen sind. Dies führe ich persönlich zum einen auf die Zucht zurück, wo gerade in Pandemiezeiten, sehr wenig auf gute Selektion geachtet wurde. Zum anderen habe ich schon das Gefühl, dass Hund immer mehr vermenschlicht werden und immer mehr den Ersatzsozialpartner einnehmen sollen.“

Ein Tipp der Fachfrau: „Ein Hund ist ein Hund und sollte auch so behandelt werden. Bei falschem und überfürsorglichem Umgang kann es eher zur Überforderung des Hundes kommen, weswegen dieser eher unausgeglichen ist, teilweise kaum bis gar nicht alleine bleiben kann und auch im Sozialverhalten unter Hunden Defizite aufzeigt.“ Und ganz wichtig: Sich frühzeitig, also kurz vor Adoption eines neuen Familienmitglieds, um einen Platz in einer Hundeschule bemühen.

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