Remscheid Reumütiger Angeklagter kommt frei

Remscheid · Wenn es nicht manchmal die Hilflosigkeit wäre, mit der die Prozessbeteiligten in einem Strudel von Emotionen wie Wut, Angst vor sozialer Ächtung und Scham untergehen.

 Der Täter erklärte vor Gericht reumütig die Gründe für sein früheres Verhalten und stand zu dem, was passiert war.

Der Täter erklärte vor Gericht reumütig die Gründe für sein früheres Verhalten und stand zu dem, was passiert war.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Das betraf in diesem Fall von sexueller Nötigung nicht nur das Opfer, sondern auch den reumütigen Angeklagten aus Remscheid, der gegen ein Urteil des Amtsgerichts in die Berufung gegangen war.

Dort angeklagt, hatte sich der 53-Jährige aus Angst davor, zum Thema eines aus seiner Sicht drohenden „Stadtgesprächs“ zu werden, noch nicht getraut, offen zu gestehen, dass er gegenüber einer 21-Jährigen in einer Berufsvorbereitungsmaßnahme übergriffig geworden war. Alles hatte er abgestritten, er habe nichts gemacht. Die juristische Quittung einer geleugneten Tat: ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Die Kammer lag damit noch an der unteren Grenze dessen, was man für mehrfaches Befingern und anhaltendes Festhalten gegen den Willen eines sich wehrenden, schwächeren Opfers zu erwarten hat.

Die junge Frau hatte im damaligen Prozess resigniert, verstand ihre Vernehmung als Beschuldigung und war überzeugt, dass man ihr nicht glauben würde. Aus Wut und Scham hatte sie damals nach ihrer Aussage den Prozessverlauf nicht weiter verfolgt. Selbst, dass der Täter damals verurteilt wurde, wusste sie nicht. Angst im Dunkeln, Trennung von ihrem Freund und andere Auswirkungen quälten sie. In der Berufung wollte sie, nun erneut als Zeugin geladen, keinesfalls mehr zur Sache aussagen. Erst recht wollte sie einer Begegnung mit dem Angreifer aus dem Weg gehen. Und dann kam es doch anders und durchaus versöhnlich für alle Beteiligten.

Der Täter erklärte reumütig die Gründe für sein früheres Verhalten und stand zu dem, was passiert war – und er bestätigte die Aussagen des Opfers. Warum er übergriffig geworden war, konnte er sich allerdings nicht mehr erklären: „Es kam einfach über mich.“ Seine Bemühungen um eine Einigung über einen Täter-Opfer-Ausgleich und eine ehrlich klingende Bitte um Entschuldigung wurden vom Gericht und auch vom Staatsanwalt aufmerksam registriert. Denn auch der war in die Berufung gegangen. Durch das spröde, verschlossene und uneinsichtige Verhalten des Angeklagten im ersten Prozess hatte er die Strafe als viel zu niedrig angesehen.

Mit einigen Auflagen entsprach das Gericht nun der Bitte des Angeklagten, die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Sein Versprechen, bei einem möglichen Aufeinandertreffen der 21-Jährigen aus dem Weg zu gehen, gehörte auch dazu. Wie auch die Verpflichtung, 1000 Euro als Ausgleich an das Opfer zu zahlen. Ohne Zögern akzeptierte der Angeklagte auch die 250 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort