Reinhold Beckmann in Lennep Ein Abend voller stimmiger Unterschiede
Sport-Moderator Reinhold Beckmann war am Freitagabend in der Klosterkirche als Duo mit Johannes Wennrich zu Gast. Dabei überzeugte der 62-Jährige mit anspruchsvollen Songs und war in Erzähllaune.
Reinhold Beckmann war in Plauderlaune, als er die Bühne der Klosterkirche am „schönsten Abend der Woche, um Musik zu machen“, dem Freitagabend, betrat. Die Erleichterung darüber, sein verlorengegangenes Handy kurz vor dem Auftritt wiedergefunden zu haben, hatte ihn wohl redselig gemacht. Dabei sei er kurzzeitig sogar froh gewesen, „von dem Ding befreit zu sein“. Nun, eine gewisse Ambivalenz war Beckmann ohnehin nicht abzusprechen, war er doch dem Gros der Deutschen eher als versierter Sportmoderator denn als Sänger und Gitarrist bekannt. Aber wer ihn bislang so noch nicht erlebt hatte, konnte ihn in der Klosterkirche beim Duo-Konzert zusammen mit Johannes Wennrich an der elektrischen Gitarre in dieser ganz neuen Rolle kennenlernen. Und tatsächlich war das ein ganz anderer Typ da auf der Bühne, als der, den man aus dem Fernsehen kannte.
Wo Beckmann sonst der nüchterne Sport-Analytiker war, quasselte er in Lennep frei von der Leber weg über seine Zeit als 17-Jähriger Wehrdienstverweigerer in einer Kommune in Marburg, als er den Sozialismus, die Freiheit und die Überflüssigkeit von BHs kennenlernte. Das machte er durchaus humorvoll, ein Geschichtenerzähler, der Spaß an der Geschichte und am Erzählen gleichermaßen hatte. Und jede Geschichte führte zu einem anderen, neuen Song – die aus Marburg etwa zum nachdenklichen und melancholischen „Da waren die Tage“. Sehr reduziert war das musikalisch, Beckmann zupfte die Akustische, legte sich einen Teppich aus kleinen Akkordfolgen aus, auf dem Wennrich mit der Elektrischen den einen oder anderen wabernden Soundtupfer legte.
Das ergab ein schönes Klangbild, das ebenfalls von einer gewissen Ambivalenz geprägt war. Denn zum einen erzählte Beckmann in seinen Texten, etwa in „Ich bin der fünfte Beatle“ oder der eingedeutschten Bob-Dylan-Coverversion „Die Zeiten sind obskur“ schöne Geschichten, die in klassischen Liedermacher-Sujets beheimatet waren. Aber da Beckmann musikalisch nicht auf die insgesamt eher nicht so abwechslungsreiche Zupf-Begleitung im Stile eines Reinhard Mey oder Hannes Wader setzte, sondern auch in der Duoversion anspruchsvolle und vielschichtige Musik entstehen ließ, war das eher E-Musik mit tiefgründigen Texten.
Die Klosterkirche war nicht ausverkauft. Hatte der angekündigte Eisregen den einen oder anderen abgehalten, oder war das Handball-Halbfinale mit deutscher Beteiligung attraktiver? Aber rund 100 Zuhörer hatten ihren Spaß und klatschten begeistert mit, als Beckmann die heimliche Manager-Phantasie „Reinschlagen“ engagiert präsentierte. Da kam dann direkt so etwas wie Rock-Konzert-Feeling auf.
Auch in der Songauswahl war sie wieder zu finden, die Ambivalenz des Reinhold Beckmann. Da war ein Lied wie genanntes „Reinschlagen“, das ganz und gar gleichberechtigt neben einer lyrischen Liebesballade wie „Sei mein Lächeln“ stand. Und keines der beiden Stücke wirkte an diesem Abend fehl am Platze. Das sah auch das Publikum so, denn für beide Songs gab es kräftigen Applaus. Was wiederum zwei Dinge bedeutete: Zum einen war das Publikum offen für unterschiedliche Stile. Zum anderen waren Beckmann und Wennrich perfekt in der Lage, diese unterschiedlichen Stile auch authentisch zu bringen. Nicht zuletzt verfügte Beckmann über eine überaus angenehme Gesangsstimme, mit der er seine Lieder, wie das ausdrücklich nicht Donald Trump gewidmete „Gangster“ präsentierte.
So wurde aus diesen vielen scheinbaren Ambivalenzen am Ende ein wunderbares großes Ganzes, bei dem man sich herrlich gut unterhalten fühlte.