Politik in Remscheid Rat will mehr Flüchtlinge aufnehmen

Remscheid · Die Stadt soll Bund und Land zusätzliche Hilfsbereitschaft signalisieren. Dafür stimmte am Donnerstagabend nach intensiver Diskussion eine breite Mehrheit des Rates. Ein Beitritt zum Bündnis „Städte Sichere Häfen“ wurde abgelehnt.

 Das Bündnis „Seebrücke Remscheid“ führte im Vorfeld der Ratssitzung vor dem Theater eine Mahnwache durch.

Das Bündnis „Seebrücke Remscheid“ führte im Vorfeld der Ratssitzung vor dem Theater eine Mahnwache durch.

Foto: Röser, Henning

Die Stadt Remscheid soll Land und Bund signalisieren, dass sie bereit ist, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, als ihr aktuell zugewiesen sind. Darüber hinaus setzt sich die Stadt bei der Bundesregierung dafür ein, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland gebracht werden können. Für diese Zielgruppe soll die Stadt dem Bund ebenfalls zusätzliche Aufnahmeplätze anbieten.

Nach intensiver Diskussion beschloss der Rat am Donnerstag mit klaren Mehrheiten, in diesen beiden Punkten einem gemeinsamen Antrag von Grünen und Linken zu folgen. Beim Thema minderjähriger Flüchtlinge gab es nur drei Gegenstimmen (Pro Remscheid und Norbert Schmitz von der CDU). Klar abgelehnt wurde die dritte Forderung, dem Bündnis „Städte Sichere Häfen“ beizutreten und sich mit der Initiative „Seebrücke“ solidarisch zu erklären. David Schichel sprach für die Grünen von einer katastrophalen Menschenrechtslage an Europas Außengrenzen, auf die man reagieren müsse und könne. „Wir haben die Möglichkeit, zu helfen.“ Wer nicht helfe, mache sich schuldig und nehme den Tod von Menschen „billigend in Kauf“, sagte Brigitte Neff-Wetzel (Linke). „Wir haben Platz“, betonte sie. Es gehe darum, „ein Zeichen gegen Abschottung“ zu setzen.

Die beiden großen Fraktionen SPD und CDU gaben die Abstimmung frei. So zeigte sich, dass auch innerhalb der Parteien die Meinungen auseinandergehen. Während SPD-Fraktionschef Sven Wolf seine Unterstützung aus dem christlichen Menschenbild erklärte und auf die eigene Seenotrettungsaktion der Evangelischen Kirche hinwies, gab Parteifreund Lothar Krebs zu bedenken, dass bei einer Mehrzahl der Menschen, die nach Remscheid kommen, die Prüfung des Asylantrags negativ verlaufe. Es sei besser, „am Ort Hilfe zu leisten“. Eine Ausnahme sei für ihn die Hilfe für die unbegleiteten Kinder.

CDU-Fraktionschef Jens Nettekoven erklärte, dass die Seenotrettung keine kommunale Aufgabe sei. Die Stadt habe bereits „Beachtliches geleistet“ bei der Hilfe für Flüchtlinge. In der Abstimmung fand der Antrag von Grün-Rot aber auch viel Zustimmung bei den Christdemokraten. Fraktionsvize Tanja Kreimendahl hatte kurz zuvor um eine Sitzungsunterbrechung gebeten, in der sich die Fraktion kurz besprach.

Für die FDP fand Philipp Wallutat wenig Gefallen an dem Antrag. Es handele sich um einen Akt von „Symbol-Politik“, weil in diesen Fragen alleine der Bund das Sagen habe. Eine Kommune könne nicht beeinflussen, ob sie mehr oder weniger Flüchtlinge haben will. Dem widersprach Schichel. Wenn viele Kommunen gemeinsam in diese Richtung aktiv würden, könne man durchaus Wirkung bei Bund und Land erzeugen.

Es sei „wichtig, Mitleid zu zeigen“, sagte Thomas Brützel (Wählergemeinschaft). Die Stadt habe in der Flüchtlingshilfe in den vergangenen Jahren einen guten Job gemacht. Die Möglichkeiten der Kommune seien aber nicht grenzenlos.

Für die Ratsgruppe Pro Remscheid warnte Thorsten Pohl vor einem „schrecklichen Pull-Faktor“, den solche Signale auslösen könnten. Mehr Menschen würden sich auf den Weg nach Europa machen und sich auf dem Mittelmeer in Gefahr begeben. Den Befürwortern des Antrags attestierte er, die Not der Menschen in Remscheid in Folge der Corona-Krise weniger wichtig zu nehmen als die der Bootsflüchtlinge. Man wolle sich „auf Kosten der Bevölkerung moralisch erheben“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort