Remscheid „Pfläge!“ gegen Pandemie und Putin

Lennep · Sybille Bullatschek bot beste Unterhaltung im Lenneper Rotationstheater. Unter den Beuschern waren auch viele Mitarbeiter von Pflegediensten.

 Sybille Bullatschek in Aktion. 
  Foto: Jürgen Moll

Sybille Bullatschek in Aktion. Foto: Jürgen Moll

Foto: Jürgen Moll

Das Konzept funktioniert auch nach vielen Jahren noch prima - Sybille Bullatschek, die Power-Pflegerin aus dem schwäbischen Pfleidelsheim, die im Haus Sonnenuntergang arbeitet, kommt im hellblauen Pflegekittel auf die Bühne der Rotation, schwäbelt sich durch ihr Programm „Ich darf das - ich bin Pflägekraft“ und sorgt für lautstarke Begeisterung im Publikum.

Das Schöne daran ist, dass sie zwar durchaus ein potenziell konfliktbeladenes Feld beackert – die Pflegekrise, schon mal davon gehört? – , das dann aber so herrlich albern macht, dass man das restliche Weltgeschehen mal für einen Abend vergessen kann. Nach einem kurzen Einleitungssatz, geht es nur noch um die Irrungen und Wirrungen im Seniorenheim. „Alles, was mit P anfängt, ist gerade schlecht - Pandemie, Putin! Bis auf eins - Pfläge!“ Und dann geht es wirklich heftig zur Sache. Denn nicht nur sind Sybille Bullatschek und ihre Kolleginnen der Brüller auf jeder Fortbildung, gerade wenn sie mit einer Handvoll Senioren im Schlepptau dort aufschlagen. Auch auf die Tatsache, dass es im beschaulichen Haus Sonnenuntergang unterschiedliche Rentner-Gangs gibt, mittlerweile ist das Haus in zwei Wohnbereiche aufgeteilt - Süd-Corega und Nord-Corega, abgetrennt nur durch zwei Rollen Stacheldraht – muss man erst mal kommen. Und natürlich sind diverse Codes im Pflege-Alltag wichtig - „für den Fall, dass mal jemand verloren geht, sollen die Bewohner lernen, die Heim-Telefonnummer zu tanzen. Wie in der Waldorfschule.“ 

Großes Hallo gibt es bei der Vorstellungsrunde mittels Zuwerfens eines großen, gelben Lufballons, nach dessen Auffangen der Fänger seinen Namen sagen muss, gefolgt von: „Ich freu mich wie die Sau!“ Nicht nur, dass das gutgelaunte Publikum bereitwillig mit macht. Es finden auch spontane Verbrüderungen zwischen einer Gruppe des Ambulanten Pflegedienstes der Caritas aus Wuppertal und Solingen mit einem ebensolchen aus Remscheid statt. „Ihr von der Caritas, gell, wenn ihr euch im Auto begegnet, dann winkt und lichthupt ihr euch auch an, gell?“, kommentiert die Schwaben-Pflegerin launig. Und im weiteren Verlauf stellt sich heraus, dass bestimmt die Hälfte des Publikums tatsächlich aus Pflegekräften besteht. 

Es ist aber auch ohne Pflegehintergrund ein einziger Spaß, Sybille Bullatschek und ihren Geschichten zuzuhören. Das liegt mit daran, dass die Schwäbin einen Hang zur exponierten und absurden Story hat. Die sie so ausschweifend wie sympathisch erzählt. Etwa aus dem vorvergangenen Sommer, als die hohen Temperaturen auch im Haus Sonnenuntergang für Probleme sorgen. „Ich musste nachts Crushed Ice holen, um die Bewohner runterzukühlen“, so die an sich harmlose Ausgangssituation. Daraus entwickelt sich eine zehnminütige Geschichte, in der eine Polizeikontrolle, ein Baströckchen, ein Polizeifunkgerät und letzten Endes Sozialstunden für die renitente Pflegekraft wichtige Rollen spielen.

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