Remscheider vor Gericht „Nein“ soll beim Angeklagten Aggressionen auslösen

Remscheid/Wuppertal · Das gewalttätige Auftreten des 43-jährigen Remscheiders, der sich als Patient der Stiftung Tannenhof wegen Körperverletzung, Beleidigungen und Widerstand gegen Polizisten vor dem Landgericht Wuppertal verantworten muss, scheint kein Einzelfall gewesen zu sein.

Ein 45-jähriger Pfleger, der den „distanzgeminderten“ Angeklagten schon seit über 20 Jahren betreut und im September 2020 durch einen Tritt selbst leicht verletzt wurde, ließ in seiner Aussage anklingen, dass die häufigen und unerwarteten Gewaltausbrüche – im Wechsel mit weinerlichem Bedauern – typisch für ihn seien. Sei der 43-Jährige früher nur gegen Sachen aggressiv gewesen, richte sich das seit zehn Jahren vermehrt gegen Personen.

Gewalt habe laut der Aussage des Pflegers im Tannenhof grundsätzlich zugenommen, aber nur ein kleiner Teil müsse angezeigt werden. Der Alltag sorge regelmäßig für Adrenalin, die steigende Menge an Patienten mit unberechenbaren Reaktionen verlange Geistesgegenwart und ein dickes Fell. Ein gestuftes Alarmsystem im Tannenhof rufe im Fall einer Eskalation als erstes Betreuer und Ärzte aus anderen Abteilungen herbei. Das reiche in den meisten Fällen aus. Notfalls stelle die Drohung mit der Polizei den Frieden wieder her. Der Angeklagte sei dafür ein Musterbeispiel: Seine Provokationen und Aggressionen – durchaus einmal pro Woche – scheinen klar überlegt, er wisse genau, was er mache. Wenn der Alarm ausgelöst werde, ziehe er sich dann oft zurück.

„Nein ist für ihn ein Fremdwort“ so der 45 Jahre alte Pfleger, das löse Aggressionen aus. Schuld seien immer die Anderen, geschickt wechsle er sein Verhalten je nach Ansprechpartner. Ermahnungen seien sinnlos. Schon als Kind sei er überzeugt gewesen: „Ich kann machen, was ich will.“ Außerhalb vom Tannenhof habe es regelmäßig Beschwerden über sein Verhalten gegeben, beispielsweise von Supermärkten und Autobesitzern, die auf der Straße angehalten wurden.

Sein Abtreten von Rückspiegeln in der Remscheider Straße sei Auslöser des Polizeieinsatzes im September gewesen. Die Beamten fanden den Geflüchteten in seiner Station und wurden mit unflätigen Beschimpfungen empfangen. Die Verlegung des bereits fixierten Mannes in die geschlossene Abteilung, eskalierte in einer schmerzhaften Kopfnuss gegen einen Polizisten. Es folgte die Anzeige wegen Beleidigung und Körperverletzung. Entschuldigungsbriefe einige Tage später mit gemaltem Polizeiauto und natürlich Schuldzuweisungen an andere, wurden nicht akzeptiert.

Die Nachfrage an den Pfleger, ob sein Patient, den er selbst als „sonderbar“ einstufte, noch als „Normal“ angesehen werde könne, wurde ausweichend beantwortet: „Normal“ sei ein dehnbarer Begriff. Der Prozeß wird mit weiteren Zeugen fortgeführt.

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