Ausstellung in Remscheid Künstlerinnen zeigen ihre Welten der Erinnerung

Honsberg · Ein Kosmos voller Erinnerungen der Künstlerin Anja Schreiber hängt kreisförmig von der Decke. Eine zusammengekauerte Figur aus Keramik, eine Hand aus Beton.

 Anja Schreiber (l.) und Katja Wickert in der Galerie „Ins Blaue“.

Anja Schreiber (l.) und Katja Wickert in der Galerie „Ins Blaue“.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Hände mit dem Zeigefinger nach oben und nach unten gibt es einige in dem Raum in der Galerie „Ins Blaue“ am Honsberg. An ein paar Figuren kleben Haare. Stoffe wie Keramik oder Beton bieten sich für Schreiber an, um Erinnertes zu materialisieren.

Beton steht für Verfestigung, Keramik soll mit archäologischen Funden in Erinnerung gebracht werden. Es geht der Künstlerin nicht darum, persönliche Momente auszustellen. Für sie ist die Frage, welche Erinnerungen ihre gestaltete Erinnerung beim Besucher hervorrufen. Ihre Kunst sucht den Dialog mit dem Betrachter, auch wenn es ihr Geheimnis bleibt, welcher Erinnerung sie eine Form gegeben hat.

Das Feld der Erinnerungen ist ein unsicheres Terrain. Die Erinnerung tritt mit dem Anspruch auf, wahr zu sein. Im Prozess der Reflexion verändert sie sich. Der Wahrheitsanspruch löst sich auf, und das Erinnerte glitzert wie ein Mobile im Gedächtnisraum.

Außer Schreiber nehmen an der Ausstellung „Ego-Archiv“ noch Michaela Kuhlendahl und Katja Wickert teil. An Dingen kleben Erinnerungen. Sie erzählen Geschichten und können ein ganzes Leben formen. Von diesen Dingen hat Katja Wickert viele im Hause ihrer Eltern gefunden. Eine Lupe, Schmuck, ein Taschentuch und vieles mehr. Sie hat sie in Wachs eingeschmolzen. So entstanden kleine Tafeln von 20 mal 20 Zentimetern. Die Dinge wirken unscharf. Mal tauchen sie wie aus einem Nebel an der Oberfläche auf, mal deutet sich nur ein Teil von ihnen im Hintergrund an. So entstand ein Tableau mit vielen Lücken, jede Chronologie meidend. Die Vorstellung, der Wachs könnte jederzeit wieder verflüssigt werden, versetzt Wickerts Arbeiten in einen vorläufigen Aggregatzustand. Sie können hervorgeholt werden, wann immer man möchte.

Das Leben im Kinderheim steht im Mittelpunkt des Erinnerungsprozesses, den Michaela Kuhlendahl ausstellt. Sie selber ist in einem Kinderheim aufgewachsen. Ein großes Foto zeigt den Blick aus einem Fenster in einen verwilderten Garten. Dazu hört man Stimmen, von einer Frau und einem Mann. Sie erinnern sich mit Stichworten wie „Milchsuppe“ daran, wie es damals war. So entsteht das Psychogramm einer gebrochenen Kindheit, die durch Kunst auf Distanz gehalten werden kann. Eröffnung am Sonntag, 16 Uhr, Siemensstraße 21.

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