Ansichtssache in Remscheid Keine falschen Versprechungen

Meinung | Remscheid · Allmählich prägen Wahlplakate das Straßenbild. Am 13. September wählen die Remscheider einen neuen Oberbürgermeister, einen neuen Rat und neue Bezirksvertreter. Alle Parteien wollen auf sich aufmerksam machen.

  CHRISTIAN  PEISELER

CHRISTIAN PEISELER

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Das ist gelebte Demokratie, auch wenn einem aufgeklärten Menschen nicht ganz einleuchtet, wie mit nur wenigen Worten die Bürger überzeugt werden können, an welcher Stelle sie ihr Kreuz auf dem Wahlzettel machen sollen. Aufmerksamkeit zu erzielen ist die wichtigste Währung im Wahlkampf. Da ist den Parteien häufig (fast) jedes Mittel recht. Vor allem die Mittel der Vereinfachung und des Versprechens.

Leider ist auch auf kommunaler Ebene die Wirklichkeit komplexer als mancher das gerne haben möchte. An einer Tatsache kann inzwischen niemand vorbeischauen: Die Corona-Krise schlägt in Remscheid zu und wird die wirtschaftliche Verfassung der Kommune für die nächste Wahlperiode maßgeblich bestimmen. Das verändert den Wahlkampf. Die Lage kann einem Kopfschmerzen bereiten.

Die Gewerbesteuereinnahmen brechen ein. Auch wenn der Bund in diesem Jahr pauschale Hilfen verspricht. Die Stadt wird mit dauerhaften Verlusten rechnen. Wie soll sie einen Teil der 37,5 Millionen Euro an wegfallenden Steuern kompensieren? Und im nächsten Jahr noch einmal Millionen? Die Arbeitslosenzahlen sind um 45 Prozent gestiegen. Die Kurzarbeit erreicht einen historischen Höchststand.

Vor diesem Hintergrund zeugt es von wenig Verantwortungsgefühl und Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern, wenn Parteien nun einen Katalog von Wünschen präsentieren, ohne gleichzeitig zu sagen, wie sie bezahlt werden. Kann man sich nächstes Jahr 14 Millionen Euro für das Freibad Eschbachtal leisten? Ist nicht eine neue Dreifachsporthalle in der Innenstadt reine Utopie? Und was passiert mit den Bergischen Symphonikern? Die Weiterführung des Orchesters zusammen mit Solingen wird in der nächsten Wahlperiode verhandelt werden müssen. Ist es nicht vorhersehbar, dass demnächst die Grundsteuer B wieder angehoben werden muss, damit die Stadt einigermaßen über die Runden kommt? Mit Sparmaßnahmen kann man keinen Wahlkampf gewinnen. Wer aber allen alles verspricht, dem sollte man mit großer Skepsis begegnen.

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