Remscheider Gefängnis JVA-Beamter muss Geldstrafe und Schmerzensgeld zahlen

Remscheid · Der Beamte aus der JVA Lüttringhausen muss wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt 2400 Euro Geldstrafe zahlen und dazu noch Schmerzensgeld.

Die Berufungskammer war nochmals gründlich in die Beweisaufnahme eingestiegen und kam zu einem anderen Urteil als das Amtsgericht.

Die Berufungskammer war nochmals gründlich in die Beweisaufnahme eingestiegen und kam zu einem anderen Urteil als das Amtsgericht.

Foto: dpa/Soeren Stache

Immer wieder hatte er sich auf die Straße fallen lassen. Bundesweit und gerne auch in Fußgängerzonen vor reichlich Publikum. In die Notaufnahme eingeliefert, als Privatpatient logiert und dazu auch noch Patienten bestohlen: Bevor der Schwindel aufflog, war Bernd U. schon wieder getürmt.

Jahrelang war der mittlerweile 59-Jährige ein Phantom geblieben, bis eine Überwachungskamera im Foyer eines Krankenhauses einen „Schnappschuss“ von ihm machte. Da war er gerade dabei, sich den Restbetrag einer geklauten Telefonkarte auszahlen zu lassen. Zwischenzeitlich war Bernd U. in der Notunterkunft in der Schüttendelle untergekommen, in der Wohnung eines Bekannten in Remscheid klickten die Handschellen: Vier Jahre Haft wegen Betruges. In der Justizvollzugsanstalt in Lüttringhausen scheint Bernd U. so weitergemacht zu haben wie zuvor: Ein vorgetäuschter Herzinfarkt und ein epileptischer Anfall, von dem man nicht weiß, ob es einer war.

Und dann war da nur Tage später diese Rangelei mit einem JVA-Beamten, die nun ein juristisches Nachspiel hatte. Aber nicht etwa für den notorischen Simulanten, sondern für den Wachtmeister. Den hatte Bernd U. wegen Körperverletzung im Amt angezeigt, das Amtsgericht hatte den Angeklagten freigesprochen. Damit wollte sich Bernd U. nicht zufriedengeben, denn er ist sich sicher: Der JVA-Beamte habe ihn geschubst, er sei auf den Boden gefallen und dabei habe er sich den später diagnostizierten Oberschenkelhalsbruch zugezogen.

Die Fraktur ist unbestritten, sie wurde im Justizkrankenhaus in Fröndenberg diagnostiziert. Dorthin war Bernd U. am Tag der Rangelei verlegt worden – aber nicht wegen dieser Verletzung, sondern weil er eine unerklärliche Gewichtsabnahme beklagte. Zurück in der JVA zeigte er den Wachtmeister an. Der Justizbeamte war von den Vorwürfen irritiert: Ja, er habe den Insassen von sich weggeschubst, weil der ihm zu nahe gekommen sei. Der 59-Jährige sei ein paar Schritte zurückgegangen und habe sich dann auf dem Flur des Zellentraktes auf den Boden gesetzt. Er habe über Schmerzen geklagt und zwei Krücken bekommen, dann sei er nach Fröndenberg verlegt worden. In der JVA sei Bernd U. als Simulant bekannt gewesen, wegen seines vorgetäuschten Herzinfarktes hatten zwei JVA-Beamte eine Nacht im Krankenhaus vor seinem Patientenzimmer verbringen müssen. Er sei auch in einem Methadon-Programm, obwohl die Drogenabhängigkeit nicht sicher festgestellt werden konnte.

Für die Justiz ist Bernd U. ein schwieriger Fall. Was stimmt nun von dem, was er behauptet – und was nicht? Die Berufungskammer war nochmals gründlich in die Beweisaufnahme eingestiegen und kam zu einem anderen Urteil als das Amtsgericht: Der Wachtmeister muss wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt 2400 Euro Geldstrafe zahlen und dazu noch Schmerzensgeld.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort