Betreuung in Remscheid Jugendamt macht weniger Hausbesuche

Remscheid · Das Jugendamt arbeitet während der Corona-Krise unter erschwerten Bedingungen.

Vor zwei Jahren hatte der Fall des kleinen Max für Aufsehen gesorgt. Der Lebensgefährte der Mutter hatte den damals Vierjährigen schwer misshandelt und wurde dafür zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die Familie wurde vom Jugendamt betreut und in der Öffentlichkeit war Kritik daran laut geworden, dass das Amt nicht früher eingeschritten sei.

Für Prozessbeobachter war hingegen schnell klar: Der Behörde war absolut nichts vorzuwerfen. Mutter und Kind wurden intensiv betreut und auch als nur wenige Monate vor der Tat der neue Lebensgefährte einzog, hielt man den Kontakt. Als eine Mitarbeiterin vergeblich an der Wohnungstür schellte, ließ das Amt nicht locker und lud die Mutter umgehend ins Büro ein. Auch die Kita wurde einbezogen – nichts hatte darauf hingedeutet, dass die Situation eskalieren würde.

Der geschilderte Fall lässt eines offenkundig werden: Es gibt immer einen Rest an Unsicherheit, der sich auch durch eine noch so intensive Betreuung durch das Jugendamt nicht erfassen lässt. Mal eben die Wohnungstür aufbrechen würde die Persönlichkeitsrechte verletzen. Für Inobhutnahmen wiederum muss es triftige Gründe geben, ein überstürztes Handeln ohne hinreichenden Verdacht der Kindeswohlgefährdung wäre weder rechtlich abgesichert noch im Sinne derjenigen, in deren Leben zu Unrecht eingegriffen werden würde.

Jugendämter bewegen sich auch jenseits der Corona-Krise in einem sensiblen Spannungsfeld – die verhängten Kontaktsperren machen die Arbeit jedoch nicht leichter. Man soll zu Hause bleiben, Schulen und Kitas sind geschlossen. Die Familien hocken inmitten von Unsicherheit und Existenzängsten aufeinander. „Wir müssen mit der sozialen Distanzierung klarkommen, die nun eingehalten werden muss“, weiß Thomas Küchler. Der Leiter der Allgemeinen Sozialen Dienste hat dabei die Herausforderungen im Blick, die auf diejenigen Behörden zukommen, die üblicherweise „aufsuchende Arbeit“ leisten. Familien oder Alleinerziehende bei Erziehungsproblemen zu unterstützen und sie dazu auch noch regelmäßig aufzusuchen: All das sei jetzt nicht mehr so einfach möglich. Hausbesuche und Sprechstundenkontakte seien nun nicht mehr der Regelfall – und dennoch würde man weiterhin Kontakt zu den Familien halten. „Man bekommt auch ein Gespür dafür, wie es läuft“, spricht Küchler über das, was an Bedeutung gewinnt.

Mehr noch als sonst geht es nun darum, sensibel für Stimmungen und am Telefon geschilderte Abläufe zu sein. Wohl wissend, dass die soziale Kontrolle durch Kitas und Schulen wegfalle, sei man optimistisch, eine gute Arbeit leisten zu können. Zudem seien viele Menschen zu Hause und würden von dort aus arbeiten. „Wenn in der Nachbarwohnung ein Kind schreit, wird schnell zum Hörer gegriffen“, weiß Küchler. Bahnt sich eine kritische Lage an, würde selbstverständlich auch das Jugendamt sofort eingreifen.

Kontakt Die Tagesbereitschaft des Allgemeinen Sozialen Dienstes ist telefonisch unter 0 21 91 / 16 39 44 erreichbar.

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