Miki Kekenj, Konzertmeister der Symphoniker, veröffentlicht sein neues Album „Hip Hop und Rap waren schon immer meine Steckenpferde“
Remscheid · Miki Kekenj, Konzertmeister der Bergischen Symphoniker, veröffentlicht dieser Tage sein neues Solo-Album „Opus 2: Mein Utopia“. Für den 40-Jährigen gilt: „Musik soll emotionalisieren.“
Es ist nur eine ganz kurze Stelle auf „Opus 2: Mein Utopia“, dem neuen Album von Miki Kekenj, vielen Remscheidern als Konzertmeister der bergischen Symphoniker bekannt. Aber diese Stelle hat es in sich und macht deutlich, mit wieviel Liebe zum Detail und zur Musik der 40-Jährige hier zu Werke gegangen ist. Im Refrain, der enorm eingängig ist und fast schon Hit-Potential hat, singt er bei dessen starken Zeilen „Ich trag‘ die Liebe zu Grabe, bevor die Liebe mich zu Grabe trägt, bevor sie mich für immer schlafen legt“ das Wort „schlafen“ mit Autotune-Effekt. „Das ist tatsächlich eine Reminiszenz an die Moderne, den aktuellen Rap, in dem dieser Effekt häufig verwendet wird. Denn ansonsten ist der Rap-Anteil auf der CD eher der alten Schule zuzuordnen“, sagt Kekenj schmunzelnd.
Der 40-Jährige hat nicht zuletzt durch seine völlig zu Recht hochgelobte – und fast immer ausverkaufte – Konzertreihe „On Fire“ im Teo Otto Theater hinreichend bewiesen, dass er ein musikalischer Grenzgänger ist. Auf seiner CD, die jetzt bei dem Musiklabel Sony Classical erscheint, zieht er diese Musikliebe ohne Grenzen zusammen mit dem WDR- Funkhausorchester in aller Konsequenz durch. „Hip Hop und Rap waren schon immer meine Steckenpferde. Mein Anliegen ist, den Menschen die Angst vor Rap zu nehmen. Es gibt viele zum Teil fragwürdige Inhalte in diesem Genre, fraglos. Aber es gibt genauso viele ganz großartige Texter“, sagt er. Konsequenterweise habe er kein bestimmtes Publikum im Auge – „ich plane nicht, wen ich mit meiner Musik anspreche. Sie soll in erster Linie emotionalisieren“, betont Kekenj.
Knapp 45 Minuten dauert „Opus 2: Mein Utopia“. Zwei Werke hat Kekenj mit dem Funkhausorchester aufgenommen. „Da ist das Konzert für Violine, Rap und Orchester, ‚Mein Utopia‘, und dazu der ‚Frühling‘, bei dem ich vom Rapper Curse unterstützt werde“, sagt der 40-Jährige. Curse war seinerseits bereits Teil der On-Fire-Reihe im vergangenen November. Er setzt Akzente, rappt kraftvoll und energisch, dazu kommt die Komposition, die voller positiver Emotionen ist, nach vorne blickt – und so gut als Kontrapunkt in die verunsicherte Corona-Gesellschaft passt. Lasst uns nach vorne blicken, denn es geht immer weiter, jubiliert der Hörer innerlich: „Vielleicht muss die Blüte erst vergehen, um im Frühling wieder aufzustehen“, so rappt Curse.
Der „Frühling“ ist ein kleiner Ausblick auf Großes, verrät Kekenj. „Ich schreibe an einer Hip-Hop-Oper, die auf der Geschichte des Arabischen Frühlings basiert.“ Bis das Werk vollendet ist, dürfte indes noch einige Zeit vergehen. Zeit, die mit „Opus 2: Mein Utopia“ überbrückt werden kann. Das Konzert, das von schwelgerischen Tönen in bester Filmmusik-Tradition genauso lebt, wie von den furiosen Geigenkadenzen oder den gefühlvollen und bisweilen verstörenden Rap-Zeilen Kekenjs, ist zu nachtschlafender Zeit entstanden. „Ich komponiere am Computer – weil es einfacher ist. Stilvoller wäre natürlich am Klavier und mit Notenpapier. Und ich arbeite vornehmlich nachts, bis zwei, drei oder vier Uhr“, sagt Kekenj.
Die Themen, die der 40-Jährige dabei verarbeitet, sind eher düster. Ungewöhnlich, wenn man ihn schon mal erlebt hat. „Ja, ich bin eher ein fröhlicher und ausgelassener Typ – aber wenn ich künstlerisch tätig bin, wird es eher nachdenklich. Vielleicht kann ich diese Seite von mir nur so herauslassen“, sagt er. Inspiration findet Kekenj oft an vermeintlich unpassender Stelle. „Zum Beispiel, wenn ich im Auto unterwegs bin. Da kam mir dann zum Beispiel die Idee für den zweiten Satz ‚Schlaflied‘.“ Andere sind schon älter, etwa die erste Strophe von „Mein Utopia“, die er 2008 während einer Tournee in Korea aufschrieb.
Die Zusammenarbeit mit dem WDR-Funkhausorchester ist über die Plattenfirma zustande gekommen. „Das war alles sehr angenehm und unkompliziert. Ich neige dazu, mich sehr einzubringen und habe dem Dirigenten Enrico Delamboye meine Visionen ganz genau erzählt“, sagt der 40-Jährige Konzertmeister lachend.
Er ergänzt: „Ich hatte da beinahe schon ein schlechtes Gewissen, aber er hat mir das überhaupt nicht übel genommen.“ Das Orchester habe auch keinerlei Berührungsängste gehabt. „Bei den Proben habe ich oft mitgerapt, um den Musikern die textlichen Inhalte näherzubringen“, sagt er.