Prozess in Wuppertal Haftstrafe für betrunkenen Raser

Remscheid/Wuppertal · Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Fahren ohne Führerschein, Trunkenheit am Steuer, versuchte vorsätzliche Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. All das brachte dem Fahrer eine Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten ein.

 Der Angeklagte nahm die Berufung zurück.

Der Angeklagte nahm die Berufung zurück.

Foto: dpa/Oliver Berg

Es gibt viele Gründe, nach einem Urteil in die Berufung zu gehen. Dass der Sünder sich ungerecht verurteilt fühlt? Das dürfte der häufigste Grund sein. Dass ein Anwalt das Steuer noch einmal herumreißen möchte? Kommt auch vor. Nichts von alledem spielte in der Berufung eines 41-jährigen Remscheiders eine Rolle, der vom Amtsgericht Remscheid zu einer Haftstrafe verurteilt worden war. Er hatte einen speziellen Grund: eine Lebertransplantation.

Angeklagt hatte man ihn, weil er am 14. Oktober 2018 in einer Verkehrskontrolle alles falsch gemacht hatte. Die Polizei hatte mit einem Streifenwagen und Blaulicht die Loborner Straße halbseitig wegen einer Ölspur gesperrt, eine 30er-Begrenzung war angezeigt. Aber der Remscheider übersah das – er rauschte mit überhöhter Geschwindigkeit in die Sperrung, ignorierte das Stoppzeichen eines Polizisten, der nicht schnell genug zur Seite springen konnte, er wurde am Bein gestreift. Nichts war es mit einem „Verkehrsdidaktischen Gespräch“.

Der Fahrer – ohne Führerschein, aber trotz der Mittagszeit schon mit viel Alkohol im Blut und im Register diverse Vorstrafen nach ähnlichen Promille-Ausflügen – fuhr einfach weiter und schien wohl erst 200 Meter weiter begriffen haben, dass da irgendwas nicht nach Plan gelaufen war. Die Polizei fand das Auto, den Fahrer sah man auf der Flucht. Er wehrte sich dann auch noch gegen die Ergreifung.

In der Summe: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Fahren ohne Führerschein, Trunkenheit am Steuer, versuchte vorsätzliche Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. All das brachte dem Fahrer eine Verurteilung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten ein. Der Staatsanwaltschaft war das nicht ausreichend, sie ging in die Berufung – wie auch der Verurteilte. Der aber hatte ein ganz anderes Ziel – Zeitgewinn.

Wegen seiner schweren Erkrankung wartet er in stationärer Behandlung auf eine Lebertransplantation, die für März angekündigt war. Auf der Liste ist er ganz oben. Aber durch die Corona-Krise verzögern sich alle Operationen bis in den Oktober – jetzt die Haft antreten zu müssen, hätte ihm jede Chance genommen, da sind die Regeln knallhart. Der Richter konnte ihn beruhigen – die Haft braucht er erst nach der Transplantation und der Reha in Hennef anzutreten. Auf diese Zusicherung hin nahm der Angeklagte die Berufung zurück.

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