Prozess in Wuppertal Freispruch aus Mangel an Beweisen

Remscheid/Wuppertal · Im Fall des in einer Mainacht des vergangenen Jahres auf der Blumenstraße angefahrenen Remscheiders könne man nur froh sein, dass keine nachhaltigen Verletzungen zurück geblieben seien.

 Dem Gericht reichte die Beweislage nicht aus.

Dem Gericht reichte die Beweislage nicht aus.

Foto: dpa/Arne Dedert

Denn, so seufzte der Staatsanwalt zum Abschluss der Amtsgerichtsverhandlung in Wuppertal sarkastisch zur Wahrheitsfindung: „Die Zeugen bemühten sich, ein gutes soziales Umfeld zu erhalten.“

Noch deutlicher wurde der Nebenklageanwalt, der das Opfer vertrat: „Es wurde viel gelogen.“ Er verlangte die Abgabe des Prozesses an das Schwurgericht. Hier habe es sich um einen heimtückischen Mordversuch gehandelt, die Waffe – eine schwarze Limousine, mit der auf dem Bürgersteig gezielt das Opfer aufs Korn genommen worden sei – diente zur Fahrerflucht und war nicht mehr auffindbar. Der Angeklagte sei vom Opfer als Fahrer erkannt und von Zeugen gegenüber der Polizei benannt worden – und er habe auch ein Motiv gehabt.

Er sei – auch das war bekannt – in einen bereits länger währenden Streit mit dem Opfer verwickelt gewesen. Ihm soll vom Angeklagten und seiner Familie vor einem Discounter aufgelauert worden sein, im folgenden Handgemenge sei er zusammengeschlagen worden. Der Anwalt des Angeklagten wiederum wies empört auf einen dicken Stein hin, den das Opfer in die Windschutzscheibe eines von seinem Mandanten gefahrenen Fahrzeugs geworfen habe.

Ein am Vorfall unbeteiligter Zeuge mit engen Verbindungen zur Szene beschrieb das Opfer als „ekelhaften Typen“. Als Vermieter habe er nur Ärger mit ihm gehabt – was genau das mit dem Vorfall zu tun hatte, kam nicht richtig rüber. Der Vater des Angeklagten habe ihm gegenüber zugegeben, dass sein Sohn der Fahrer gewesen sei? Davon wisse er nichts.

Dieses Nichtwissen im Zeugenstand war symptomatisch für den Prozess. Ähnlich hatte auch ein von der Polizei vorgeführter guter Bekannter des Angeklagten ausgesagt, der zwar einen minutiösen Zeitplan im Handy hatte, aber sich angeblich an kein Treffen am Tattag erinnern konnte. Wie ein Prozessbeobachter feststellte: Im Kunstnebel von schlecht gespieltem Gedächtnisverlust und widersprüchlichen Aussagen hätten sich viele Zeugen in diesem Prozess wohl eine Goldene Himbeere für die schlechteste Nebenrolle in einem Märchenfilm verdienen können. Klar war nur, dass es einen merkwürdigen Unfall gegeben habe und einzig das Opfer den Angeklagten eindeutig als Fahrer identifiziert haben will.

Der Staatsanwalt sah die Tat trotzdem als erwiesen an und forderte zwei Jahre und zehn Monate Haft, der Nebenklageanwalt hilfsweise wegen eines Mordversuchs gleich vier Jahre und lebenslangen Entzug der Fahrerlaubnis. Der Anwalt des Angeklagten dagegen forderte einen Freispruch. Dem folgte das Gericht ohne Begeisterung, weil ihm durch die Blockade der Zeugen die Beweislage nicht ausreichte.

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