Arbeitsmarkt in Remscheid Flut von Anträgen auf Kurzarbeit

Remscheid · Genaue Zahlen über Kurzarbeit und die Arbeitslosenquote kann die Agentur für Arbeit momentan nicht liefern. Personal wird nun umgeschult. Der Arbeitgeberverband hofft auf eine Überwindung der Krise ohne Stellenabbau.

 Mit Anträgen auf Kurzarbeit  wird die Agentur für Arbeit überflutet. 

Mit Anträgen auf Kurzarbeit  wird die Agentur für Arbeit überflutet. 

Foto: dpa/Arne Dedert

Die Wucht der Corona-Krise trifft den Arbeitsmarkt stärker als die Finanzkrise 2009. Das ist  die Einschätzung von Martin Klebe, Chef der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal, die auch für Remscheid zuständig ist. 2009 hatten 1.500 Betriebe im Bergischen Land Kurzarbeit angezeigt, wobei damals der Schwerpunkt auf der Industrie lag. „Ursächlich für unsere aktuelle Entwicklung ist die Betroffenheit vieler Branchen und die sehr von kleinen und mittleren Unternehmen geprägte Struktur im bergischen Städtedreieck“ sagt Martin Klebe.

Zum Vergleich: Bis zum 27. März 2020 haben im Städtedreieck rund 5.700 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Dabei handelt es sich nur um eine erste grobe Schätzung, da noch nicht alle Anzeigen für Kurzarbeit technisch verarbeitet worden sind, und Unternehmen ihre Anzeigen zum Teil mehrfach eingereicht haben, heißt es in der Mitteilung des Arbeitsamtes. Abzuwarten bleibe, wie viele der anzeigenden Unternehmen für März tatsächlich Kurzarbeitergeld beantragen. „Wir hoffen, dass es nicht alle sind“, sagt Klebe.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne keine Aussage zur Anzahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer getroffen werden. Diese Daten liegen laut Arbeitsagentur erst mit mehreren Monaten Verzögerung vor.

Die Mitarbeiter der Agentur konzentrieren sich auf zwei Bereiche: Kurzarbeitergeld und Leistungsempfänger. Benötigt werde das Fünffache an Arbeitskräften, um die Flut der Anträge zu bearbeiten. Das geschieht in der Zentrale in Wuppertal. Die Anträge werden nach Eingangsdatum bearbeitet. Laut Klebe werden die Kapazitäten ständig  durch Qualifizierung von Mitarbeitern verstärkt. Die zweite Ausbildungsrunde starte in den nächsten Tagen. „Wir haben schon seit Jahren keine Papierakten mehr und bearbeiten alles digital“, sagt Klebe. Das erweise sich in diesen Zeiten als großer Vorteil.  Einen großen Teil der Arbeit nehme die telefonische Entgegennahme der Arbeitsuchend- und Arbeitslosmeldungen ein. Klebe geht davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen stark steigen wird. Die Agentur empfiehlt, offene Fragen zunächst online zu klären und in einem zweiten Schritt auf die Servicerufnummern zurückzugreifen. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wurden  eigenständige Internetangebote und Rufnummern auf der Homepage eingerichtet.

Von den vier juristischen Beratern des Arbeitgeberverbandes Remscheid arbeiten drei im Home-Office. Und alle haben seit einigen Tagen mächtig viel zu tun. „Die Anfragen nach Beratung steigen bei uns täglich“, sagt Geschäftsführer Markus von Dreusche. Sein Verband zählt etwa 200 Mitglieder. Nach seiner Einschätzung melden etwa die Hälfte der Unternehmer Kurzarbeit an. Täglich gehen neue Rundschreiben heraus, um die Arbeitgeber auf den aktuellen Stand der Fördermöglichkeiten zu bringen. „Wir arbeiten dabei mit der Arbeitsagentur und den Banken zusammen“, sagt von Dreusche.

Der Geschäftsführer gibt sich optimistisch, dass die Remscheider Wirtschaft gut durch die Krise kommen wird. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise 2009, als auch das Instrument der Kurzarbeit griff, bestätigen ihn in der Hoffnung. „Die Remscheider Wirtschaft ist stark. Ich denke, wir überwinden die Durststrecke ohne Beschäftigungsabbau“, sagt von Dreusche.

 Martin Klebe ist Chef der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal, die auch für Remscheid zuständig ist.   Foto: Agentur für Arbeit

Martin Klebe ist Chef der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal, die auch für Remscheid zuständig ist. Foto: Agentur für Arbeit

Foto: Agentur für Arbeit/Agentur für arbeit

Sorgen bereiten ihm die kleinen Unternehmen, die nicht viele Rücklagen gebildet haben. Die Finanzhilfen des Bundes und der Länder seien für die Wirtschaft eine große Hilfe. Aus der Krise komme die bergische Wirtschaft aber nur heraus, wenn in ganz Europa die Beschränkungen aufgehoben werden. „Es nutzt uns nicht viel, wenn es nur bei uns wieder besser wird“, sagt von Dreusche.

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