Remscheid Familie wünscht sich einen Hund für Jan

Remscheid · Der dreijährige Jan leidet unter einer seltenen Form des Muskelschwunds. So unfassbar wie das Schicksal die Familie getroffen hat, so unfassbar ist ihr Kampf um ein bisschen Glück. Ein Patronushund könnte Jan im Alltag helfen.

Ende Oktober feierte Jan G. seinen dritten Geburtstag. Drei Jahre – für ein gewöhnliches Menschenleben eine kurze Zeit. Doch Jan hat in dieser Zeit schon mehr mitmachen müssen als die meisten anderen in 80 oder 90 Jahren. Seit seiner Geburt traf ihn und seine Familie ein Schicksalsschlag nach dem anderen.

Nur 34 Wochen verbrachte Jan im Bauch von Mama Heike. Dann mussten die Ärzte ihn holen. Sein Herz und seine Lunge entwickelten sich nicht richtig. Noch im Brutkasten im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße, wohin der gerade einmal 1600 Gramm leichte Neugeborene nach zwei Wochen verlegt wurde, dann die Diagnose: Jan leidet an kongenitaler myotoner Muskeldystrophie Typ 1, einer seltenen, angeborenen Form des Muskelschwunds. „Es ist ein Gendefekt. Eine Heilung gibt es nicht. Jans Lebenserwartung wird auf
30 bis 40 Jahre geschätzt“, sagt Jans Vater Jens.

Der 32-Jährige ist gebürtiger Remscheider und – obwohl er und seine Familie heute in Köln wohnen – noch fest in der Stadt verwurzelt. Als Kind war Jens Judoka beim JC Remscheid, lange im Schützenverein Wildschütz Aue aktiv, hier besuchte er das Gertrud-Bäumer-Gymnasium und war ab dem 14. Lebensjahr aktiver Footballer beim AFC Remscheid Amboss. Freunde und Verbindungen sind geblieben.

Mit der Diagnose für Jan änderte sich für die Familie alles. Durch die Krankheit ist seine motorische Entwicklung verzögert. „Sprechen kann er noch nicht. Dank eines Baby-Rollators und Orthesen klappt die Fortbewegung zumindest zu Hause“, berichtet Papa Jens. Spitzklumpfüße gehören zu den typischen Symptomen der Muskeldystrophie. Mit gut drei Monaten wurde Jan das erste Mal daran operiert. Danach entwickelten sich die Muskeln jedoch wieder zurück. „Mit Physiotherapie, Osteopathie und Logopädie versuchen wir etwas aufzuholen“, sagt Vater Jens. Wohlwissend, dass das, was Jan lernt, später wieder verloren gehen wird. Die Krankheit ist vererbbar, wird mit jeder Generation schwerer und ihre Symptome treten früher auf. Wie sich herausstellte, war nicht nur Jans Opa bereits daran gestorben. Auch bei Mutter Heike wurde dieselbe Diagnose gestellt. Bei ihr zeigen sich schon die ersten Anzeichen. Und es wird schlimmer werden, das ist der Familie klar. Ebenso klar war, dass sie in ein behindertengerechtes Zuhause umziehen mussten. Fündig wurde die Familie in Köln-Porz. Umbau und Sanierung des Hauses kosteten Jens G. zufolge rund 180.000 Euro – bis jetzt. Der Vater, bis dahin Soldat, wechselte den Beruf. Jens arbeitet nun für die Stadt Troisdorf.

Dann der nächste Schock: Mitten im Umbau wurde im Sommer 2016 bei Heike Hautkrebs diagnostiziert. Es folgten Chemotherapien und Bestrahlungen. Die 38-Jährige besiegte den Krebs – und kam doch nicht zur Ruhe. Anschließend mussten Ärzte Teile ihrer Leber und Galle entfernen. 2018 noch ein Nackenschlag: Bei Heike wurde das Guillain-Barré-Syndrom entdeckt. Eine lähmende Erkrankung des Nervensystems. So unfassbar wie das Schicksal die Familie getroffen hat, so unfassbar ist ihr Kampf um ein bisschen Glück. Jens erkennt es in der erfolgreichen Hüft-OP bei seinem Sohn Anfang des Jahres. „Seitdem hat er riesige Fortschritte gemacht. Er kann stehen und sich ein Stück mit dem Rollator bewegen“, sagt der Papa stolz. Jan sei „super gut drauf“: „Die Erzieherinnen in seiner Kita nennen ihn Charmeur, weil er ihnen immer Handküsse zuwirft.“

Zu einem weiteren Stück Glück fehlt Jan aber noch etwas: ein Patronushund. „Das ist ein speziell ausgebildeter Hund, der im Alltag hilft. Er kann Lichtschalter betätigen, Türen öffnen und im Notfall Hilfe holen“, erklärt der Vater. Und ganz nebenbei sei so ein Hund ein guter Freund. Auf einer Fachmesse holte Jens Informationen ein. Denn ihre Ausbildung macht Patronushunde teuer: 26.000 Euro kostet einer. Über Spenden versucht die Familie, die Anschaffung zu finanzieren. Unterstützung erfährt sie vom Verein Patronus-Assistenzhunde.

Hilfe kommt am 13. Dezember auch aus Remscheid. Jens’ ehemalige Football-Kollegen vom Amboss laden zu einer Spendenaktion unter dem Titel „Ein Patronus für Jan FC“ auf den Weihnachtstreff vor dem Rathaus. „Jens muss um seine kleine Familie kämpfen. Da wollen wir helfen“, sagt Sportdirektor Christian Müller.

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