Serie Gotteshäuser Eine prachtvolle Predigerkirche

Remscheid · Die evangelische Stadtkirche in Lüttringhausen ist ein Gotteshaus mit langer Geschichte, die bis ins Mittelalter zurückreicht.

 Wenn Besucher die evangelische Stadtkirche in Lüttringhausen betreten, werden sie von einer überwältigenden Pracht erschlagen.

Wenn Besucher die evangelische Stadtkirche in Lüttringhausen betreten, werden sie von einer überwältigenden Pracht erschlagen.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wenn man die evangelische Stadtkirche in Lüttringhausen betritt, diesen von außen ein wenig unscheinbar wirkenden Bau am Ludwig-Steil-Platz, wird man von einer für protestantische Verhältnisse fast schon überwältigenden Pracht erschlagen. Wo andere lutherische Kirchen fast schon spartanisch wirken, wo kein Schnörkel und keine barocke Putte das Auge ablenken, gibt es in dieser Kirche, deren Ursprünge bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen, überall etwas zu entdecken.

„Bis die Kirche im Jahr 1733 abgebrannt ist, wurde sie bereits zweimal erweitert“, sagt Küster Jürgen Kammin. Als geistliches Zentrum und Ursprung des Ortsteils Lüttringhausen ist sie im Mittelalter als Kapelle errichtet worden. „Damals war hier noch nicht viel – ein Einzelhof und die Kapelle“, sagt Kammin. Das ist jedoch nicht lange so geblieben. Als das große Feuer in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgebrochen ist, sind die umliegenden Häuser allesamt mit abgebrannt.

Auf dem Grund der Ruine ist dann in einer kurzen Bauzeit von nur gut zwei Jahren die Kirche errichtet worden. „Bereits 1735 wurde die Kirche geweiht – das ist gemessen an ihrer Größe und den damaligen Möglichkeiten eine unglaubliche Leistung“, sagt Pfarrerin Kristiane Voll. Kammin ergänzt: „Die Kirche ist ein typisches Beispiel für eine bergische Predigerkirche. Das Besondere hier ist aber, dass man versucht hat, die Gemeinde um einen Sprechmittelpunkt zu scharen.“ Damit ist die erhöht angebrachte und über ein kleines Treppenhaus erreichbare Kanzel über dem Altar gemeint. Und wenn man sich im Mittelgang aufstellt und auf den Altar blickt, wird dieser Eindruck auch wegen der darüber angebrachten Orgel noch verstärkt.

Die Kanzel ist aber auch noch aus einem anderen als dem optischen Grund der Mittelpunkt der Stadtkirche. „Es ist tatsächlich der einzige Ort in der ganzen Kirche, von dem aus man alles sehen kann – und der von allen Besuchern gleichermaßen gesehen werden kann“, sagt Voll. Ideal also, um als Pfarrer einen Gottesdienst zu halten. „Dazu kommt, dass das Dach der Kanzel, unter dem der Pfarrer steht, wie ein Schallverstärker wirkt. Damit wird man auch noch verstanden, wenn das Mikrofon mal ausfällt“, erklärt Voll. Und um das zu demonstrieren, geht die Pfarrerin auf die Kanzel und liest eine Bibelstelle vor. Tatsächlich ist sie auch ohne elektrische Verstärkung glasklar zu verstehen.

Die Kirche bietet viel Platz für ihre Gläubigen. Und das gleich dreigeschossig. Denn neben den ebenerdigen Sitzbänken gibt es in der evangelischen Stadtkirche gleich zwei Emporen. Und auch hier findet man bei näherem Hinsehen einiges an Symbolik. Etwa am ersten Emporengeländer: „Hier sind die Apostel und Jesus auf Tafeln abgebildet. Jesus übrigens gegenüber der Kanzel – gerade so, als befinde er sich im direkten Dialog mit dem Pfarrer“, sagt Kammin. Insgesamt werde so ein Kreis gebildet. „Nicht oft findet man in Kirchen hingegen die zweite Empore“, sagt Kammin. Im hinteren Bereich, also auf der westlichen Kirchenseite, befinden sich links und rechts der Pforte die sogenannten Lehnshüsken, in denen die Mitglieder der Lehnsherrenfamilie von Bottlenberg / Kessel sitzen durften.

Auch an der Kanzel und der Kanzelbrücke finden sich zahlreiche christliche Symbole: der Rebstock etwa, Alpha und Omega – für Jesus als Beginn und Ende aller Dinge – oder die Seraphime, kleine Engelsfiguren, die Mittler zwischen Himmel und Erde sind. Kurios ist hingegen, dass an der Kanzelbrücke zwei Meerjungfrauen angebracht sind, die ein nicht weiter definiertes Stadtwappen tragen. „Das ist kurios, weil ja nun in Remscheid doch ein wenig der Bezug zum Meer fehlt“, sagt Kammin schmunzelnd. Ins Auge fällt der imposante Leuchter, der mittig von der Decke herunterhängt. „Er wurde 1829 zum 300. Todestag von Adolf Clarenbach gespendet“, sagt Kammin.

Mit ihrem Alter von knapp 300 Jahren ist die evangelische Stadtkirche Lüttringhausen schon eine Dame gesetzteren Alters. Entsprechend seien auch immer wieder Renovierungen nötig. Dabei habe man sich irgendwann gesagt, die Kirche möglichst originalgetreu zu renovieren. „Wir haben damit in den 1990er-Jahren begonnen und hoffen, bald damit fertig zu sein“, sagt Kammin. Für Historiker interessant sei in diesem Zusammenhang, dass man bei der Erneuerung des Bodens unterhalb der Kirche Gräber aus dem Mittelalter gefunden habe.

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