Schule in Remscheid Eine etwas andere Geschichtsstunde

Remscheid · In der Sophie-Scholl ging es auf der Bühne um den Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Adolf Eichmann.

 Das zweiköpfige Ensemble der Hannoverschen Kammerspiele präsentierte in einer szenischen Lesung einen Ausschnitt der berühmten Eichmann-Protokolle.

Das zweiköpfige Ensemble der Hannoverschen Kammerspiele präsentierte in einer szenischen Lesung einen Ausschnitt der berühmten Eichmann-Protokolle.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Oberstufenschüler der Sophie-Scholl-Gesamtschule erlebten am Freitagvormittag eine etwas andere Geschichtsstunde: Das zweiköpfige Ensemble der Hannoverschen Kammerspiele präsentierte in einer szenischen Lesung einen Ausschnitt der berühmten Eichmann-Protokolle über den Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Adolf Eichmann.

Schlagzeilen über die Wahlsiege der NSDAP in den 1930er-Jahren wechselten sich mit den Erzählungen des 1906 in Solingen geborenen Adolf Eichmanns ab, dem Bernd Surholt seine Stimme lieh. „Das sind keine persönlichen Entscheidungen gewesen“, bekundete Surholt in der Rolle Eichmanns und beteuerte weiter, nichts mit der Massenvernichtung der Juden zu tun gehabt zu haben.

Es sind Originalzitate, die der ehemalige SS-Obersturmbannführer und spätere Leiter des sogenannten Eichmannreferats, das für die Vertreibung und Deportation der Juden zuständig war, so während seines Prozesses Anfang der 1960er-Jahre in Israel zu Protokoll gab. Nach dem Krieg war Eichmann nach Argentinien geflohen, wo er 1960 von israelischen Agenten aufgespürt und entführt wurde, um ihm später in Jerusalem den Prozess zu machen. Eichmann wurde zum Tode verurteilt und erhängt.

Die Schüler blieben im ersten Moment ratlos zurück. Der Mann, der durch sein Handeln für den Tod von sechs Millionen Juden verantwortlich gewesen war, stritt es bis zu seinem eigenen Tod ab, argumentierte, dass er nur Befehle befolgt habe. Das wusste Surholt aufgrund langjähriger Recherche zu widerlegen. Seit 15 Jahren tourt das Hannoversche Kammerspiel nämlich schon mit dieser Lesung durch Deutschland und führt sie in Schulen auf. In Remscheid stellten die Schüler im Anschluss noch Fragen, etwa über die Motivation der beiden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Ich wollte als Jugendlicher wissen, ob es Juden in unserer Stadt gegeben hat. Meine Mutter erzählte, dass es einen Händler gab, bei dem sie regelmäßig einkaufte. Als ich sie fragte, was sie gedacht oder getan habe, als dieser von einem Tag auf den anderen plötzlich nicht mehr da war, sagte sie nur: ‚Das war damals eben so.‘“ Diesen Schleier des Schweigens wollte Surholt durchbrechen und beschäftigte sich mit den Ereignissen. Detailreich konnten sie den Schülern Einblicke in Dinge gewähren – wie etwa den Geruch nach verbranntem Eiweiß der vergasten und verbrannten Opfer in Auschwitz –, „die so nicht in den Geschichtsbüchern stehen“. Interessant fanden Paula (17), Franziska und Fiona (18) die Aufführung. „Es ist schon etwas anderes, ob man es so erzählt bekommt oder als Thema im Unterricht behandelt“, sagte Paula. Der Bezug zur lokalen Geschichte soll künftig Bestandteil des Lehrplans sein. Dazu wolle die Schule mit dem Verein der Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall zusammenarbeiten.

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