Verwaltung in Remscheid nutzt App nicht Bürgerbeteiligung liegt im Dornröschenschlaf

Remscheid · Seit gut einem Jahr hat Remscheid ein digitales Werkzeug zur Bürgerbeteiligung. Genutzt wurde es von der Verwaltung bislang aber nicht. Ein Blick nach Wuppertal zeigt die Potenziale dieses Instruments.

Beim Planungsspaziergang an der Kölner Straße im Herbst 2022 war die Gruppe der Teilnehmer übersichtlich klein.

Beim Planungsspaziergang an der Kölner Straße im Herbst 2022 war die Gruppe der Teilnehmer übersichtlich klein.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Über eine App auf dem Handy an der Gestaltung der Heimatstadt mitwirken – in Remscheid ist das seit einem Jahr zumindest technisch möglich. Nach einem Testlauf im Sommer 2022 ist die digitale Plattform zur Bürgerbeteiligung einsatzbereit. Wer aktuell das Beteiligungsportal der Stadt im Internet aufruft, bekommt allerdings eine ernüchternde Botschaft: „Es gibt aktuell keine aktiven Umfragen. Bitte versuchen sie es später noch einmal.“ Eine Formulierung, welche die Realität nur erahnen lässt. Tatsächlich ist das neue Werkzeug seit dem Probelauf im Sommer 2022 bislang noch gar nicht zum Einsatz gekommen, berichtet Arndt Zimmermann, der bei der Stadt für das Thema Digitale Verwaltung zuständig ist.

 „Zufrieden bin ich mit der Inanspruchnahme dieser Möglichkeit nicht“, sagt Zimmermann auf Nachfrage der Redaktion. Und das liege nicht an mangelnder Kommunikation durch seine Abteilung. „Die Inhalte müssen aus den Fachdiensten kommen.“ Dort allerdings müsse „man wirklich Klinken putzen und für das Produkt werben“. Das mache seine Kollegin Ricarda Bongert, Projektleiterin für die „Digitale Stadt“ sehr intensiv. Sie habe Gespräche mit dem Bereich Verkehrsplanung oder Radverkehr geführt, sei auch mit dem Jugendamt in Kontakt. „Das sind alles Bereiche, die nach Außen agieren und das Potenzial für Beteiligungsverfahren haben“, sagt Zimmermann Man stehe in Kontakt, zu einem konkreten Einsatz sei es aber noch nicht gekommen.

In einer Anfrage für den Ausschuss für Bürgerservice beklagt die Fraktion Die Linke den „Dornröschenschlaf“, in den die Plattform unmittelbar nach ihrem Start gefallen ist. Dabei mangele es nicht an Themen. Fraktionsgeschäftsführer Colin Cyrus nennt im Gespräch mit der Redaktion als Beispiel die schon länger laufenden Planungen für die Umgestaltungen der Alleestraße oder der Kölner Straße in Lennep. Zwar gab es dort Bürgerbeteiligungen im Form von Planungsspaziergängen. Die Erfahrung zeige: diese Präsenztermine sind meist schwach besucht, die Mehrzahl der Teilnehmer komme aus der Politik. Sein Ziel: Mit digitalen Formaten mehr Bürger erreichen.

Dass dies funktioniert, zeigt ein Blick in die Nachbarstadt Wuppertal. Hier wird seit 2019 erfolgreich mit dem Werkzeug gearbeitet, ein mehrköpfiges Team ist dafür zuständig. Es gibt aktuell digitale Beteiligungen zum Bürgerbudget oder zur Nachhaltigkeitsstrategie. Und es gibt Ergebnisse. Besucher des Ausgehviertels rund um die Luisenstraße erleben seit einigen Monaten das Ergebnis einer großen Bürgerbefragung. Der kleine Abschnitt der Friedrich-Ebert-Straße vor dem Laurentiusplatz wurde zur Fußgängerzone. Das wertet das Viertel auf.

Wichtig sei, dass den Bürgern bei solchen Beteiligungen Gestaltungsspielraum eingeräumt werde, sagt Clara Utsch, Leiterin des Teams Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement. „Die Bürger müssen etwas haben, wo sie mitreden können und wo die Ergebnisse noch offen sind.“

Meist mischt man in Wuppertal analoge und digitale Beteiligung. „So schließt man niemanden aus“. Der Vorteil der Plattform: Man kann auch mitmachen, wenn man bei einer Veranstaltung nicht dabei sein kann. Mittlerweile hat die Plattform 24.000 registrierte Nutzer. Sie werden auf Wunsch angeschrieben, wenn es neue Beteiligungsmöglichkeiten gibt. „Wir klären im Vorfeld eine Form der Verbindlichkeit ab“, berichtet Clara Utsch die Herangehensweise. „Sonst machen wir uns unglaubwürdig und dann macht keiner mehr mit.“ Die neue Fußgängerzone am Laurentius-Platz ist ein Idealfall der Bürgerbeteiligung. Die Bezirksvertretung Elberfeld hatte das Team eingebunden und sich im Vorfeld verpflichtet, sich an dem Ergebnis des Votums zu orientieren. Von zu konfliktbeladenen Themen rät Clara Utsch ab. „Die klärt man lieber im direkten Dialog.“