Baudenkmäler in Remscheid Die Weltkugel dreht sich über Berghausen

Berghausen · Bis 1978 war der Uhrenturm im heutigen Industriepark Berghausen in keinem guten Zustand. Der mittlerweile verstorbene Unternehmer Peter Müller hat das Denkmal und das dazugehörige Gelände restauriert.

 Der Turm ragt hoch hinaus, ist eine Art Wahrzeichen für den Stadtteil.

Der Turm ragt hoch hinaus, ist eine Art Wahrzeichen für den Stadtteil.

Foto: Jürgen Moll

Der Uhrenturm im heutigen Industriepark Berghausen mag nicht das imposanteste oder eindrucksvollste der Remscheider Baudenkmäler sein. Und doch ist das rund um das Jahr 1880 entstandene Gebäude auch im Logo des Industrieparks enthalten – und gehört zum Berghauser Ortsbild fest mit dazu.

„Die Firma Corts hat sich 1848 hier niedergelassen, das Unternehmen der Brüder Hermann und Gottlieb Corts hat Feilen hergestellt“, sagt Karl Hermann Pleiß, Heimatforscher aus Passion und seit seiner Geburt vor 84 Jahren Nachbar der Firma Corts. Die Fabrikgebäude, die heute noch zu sehen sind, sind in den 1880er-Jahren erbaut sowie zum Teil modernisiert worden. Der Turm sei auch damals schon Teil des Firmenkomplexes gewesen.

 Der Turm ist mit Steinen aus den Ziegeleien auf Neuenkamp und in Lüttringhausen erbaut worden.

Der Turm ist mit Steinen aus den Ziegeleien auf Neuenkamp und in Lüttringhausen erbaut worden.

Foto: Jürgen Moll

„Es gibt eine nette Anekdote, die von den Brüdern Corts überliefert ist. Eigentlich sollen sie sich in der meisten Zeit gut verstanden haben. Aber irgendwann hat es wohl mal brüderlichen Streit gegeben – und Hermann Corts soll dann ausgerufen haben: Und der Turm ist meiner!“, erzählt Pleiß lachend.

 Die Uhr des Turms steht immer auf fünf vor zwölf.

Die Uhr des Turms steht immer auf fünf vor zwölf.

Foto: Jürgen Moll

Wenn die Uhr, die heute immer auf fünf vor zwölf steht, seinerzeit geschlagen habe, so sei das wohl für die Arbeiter in der Feilenfabrik das Signal gewesen, zur Arbeit zu gehen. „Oben auf der Spitze des Turms ist eine Weltkugel befestigt – diese gibt es noch heute“, sagt Pleiß. Andreas Fuchs ist Steuerberater und arbeitet in der Kanzlei Bergische Steuer-Partner, die seit 1998 im Firmenkomplex Berghausen 1 ist. „Ich bin seit 15 Jahren hier und habe aus meinem Büro einen wunderbaren Blick auf den Turm, er ist nur ein paar Meter weit entfernt“, sagt Fuchs. Der Turm ist auch auf der Visitenkarte der Steuerkanzlei zu sehen. „Es gibt mehrere Unternehmen in der alten Feilenfabrik. Im Turm selbst bin ich nie gewesen, es gibt zwar eine Tür, die dorthin führt, aber die ist immer verschlossen gewesen“, sagt Fuchs.

Es ist ein interessantes Gemenge, wenn man nach Berghausen kommt. Etwas weiter oben befindet sich natürlich die Firma Vaillant, dann aber gibt es viel Wohnbebauung, die idyllisch am Hang liegt. Der Turm ragt hoch hinaus, ist tatsächlich eine Art Wahrzeichen für den Stadtteil. Auf der Denkmalliste der Stadt Remscheid steht der Uhrenturm seit 1986. Dass der Turm heute, auch nach über 100 Jahren, noch so gut erhalten ist, ist auch Peter Müller zu verdanken. „Peter Müller war Geschäftsführer des Metallbauunternehmens PEMÜ GmbH und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das Firmengelände zu einer Industriefläche umzubauen“, sagt Pleiß. 1978 ist die PEMÜ GmbH nach Berghausen gezogen. Der Unternehmer habe dafür gesorgt, dass auch der Uhrenturm wieder instandgesetzt wurde.

Remscheid ist im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe schwer beschädigt worden – auch Berghausen hat unter dem Bombenhagel gelitten. „Aber der Turm, der Schornstein und auch das alte Pförtnerhaus sind erhalten geblieben“, sagt Pleiß. Der Rest des Feilenunternehmens sei zerstört worden, auch wenn es keine schweren Bomben gewesen seien, die niedergegangen seien, sondern eher Brandbomben. „Unser Haus und auch viele andere in der Gegend sind verschont geblieben“, sagt Pleiß. Seine Familie lebe bereits seit 1809 in Berghausen – soweit urkundlich festgehalten –, zwei Generationen länger dürfte es aber tatsächlich sein. „Auch meine Familie hat Feilen gefertigt. Ich selbst bin aber zum Bürokraten geworden und habe als Standesbeamter in Remscheid gearbeitet“, sagt der 84-Jährige schmunzelnd.

Der Turm zeigt – zumindest früher ist das so gewesen, als das Uhrwerk noch funktioniert hat – in alle vier Richtungen die Uhrzeit an. Auf der Südseite gibt es zudem eine Sonnenuhr, die natürlich auch nur bei gutem Wetter funktioniert. Der mit Ziegelsteinen gemauerte Turm ist mit Steinen aus den Ziegeleien auf Neuenkamp und in Lüttringhausen erbaut worden, was davon Zeugnis ablegt, dass diese Steine seinerzeit durchaus in großer Menge in Remscheid aus den vorhandenen Tonschichten abgebaut, hergestellt und verbaut worden sind. „Als Peter Müller unter anderem den Uhrenturm restauriert hat, ging die Uhr noch. Heute ist das aber nicht mehr der Fall“, sagt Pleiß. Steuerberater Fuchs ergänzt: „Ich habe die Uhr nie schlagen gehört und die Zeit zeigte sie auch nie korrekt an.“

Pleiß hat eine Menge der Zeit seines Lebens mit der Heimatgeschichte verbracht. „Die Familie Corts wohnte gegenüber der Firma Vaillant. Ich bin in den 1950er-Jahren dort einmal vorbeigegangen und habe mit Frau Marta Corts gesprochen. Ich habe mir damals die getippte Firmengeschichte zum 100-jährigen Firmenjubiläum ausleihen können – und sie selbst noch einmal fein säuberlich abgetippt“, sagt Pleiß. Die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte und der Geschichte des Orts ist für den Berghauser eben eine sehr wichtige Angelegenheit.

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