Kirche in Remscheid Die Kirchturm-Rakete

Bergisch Born · In der katholischen Kirche St. Andreas in Bergisch Born werden die Glocken im Turm noch von Hand geläutet.

 Das Altarkreuz in St. Andreas fällt mit seiner beleuchteten Bergkristall-Mitte besonders ins Auge.

Das Altarkreuz in St. Andreas fällt mit seiner beleuchteten Bergkristall-Mitte besonders ins Auge.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Wenn Pfarrer Jürgen Behr auf die kleinste der drei Kirchen in seiner Gemeinde zugeht, St. Andreas in Bergisch Born, muss er immer „an eine Rakete“ denken. Und man versteht direkt, was der 60-Jährige meint, wenn man auf den Kirchturm blickt, der tatsächlich wie eine verschieferte Rakete in den Himmel ragt. Eine kleine Rakete allerdings, denn das Gotteshaus wirkt tatsächlich wie eine verschlafene Kirche auf dem Land – worüber auch die vorbeiführende Bundesstraße 51 nicht hinwegzutäuschen vermag. „St. Andreas ist eine kleine Kirche. Aber manchmal ist das doch auch ganz schön. Es muss doch nicht immer der Kölner Dom sein“, sagt der Geistliche.

Betritt man die im Jahr 1925 vom Architekten Johannes Schreuß geplante Kirche, fällt einem sofort auf, wie schlicht, beinahe schon protestantisch-nüchtern, sie gehalten ist. Keine Spur von barockem Prunk oder dem auch in anderen Katholischen Kirchen oft enthaltenen Überfluss. Ein rechteckiges Kirchenschiff mit einem schmaleren Altarraum, dazu in einfachem Weiß gehaltene Wände, in denen das einzig Auffällige die Buntglasfenster sind. Die wurden 1955 vom Künstler Wilhelm de Graaff gestaltet und zeigen die Apostel mit ihren typischen Erkennungszeichen. So etwa der namensgebende Heilige Andreas mit dem nach ihm benannten Andreaskreuz, das sich vom normalen Kruzifix dadurch unterscheidet, dass es wie ein X aussieht. Oder der Heilige Petrus mit der Bischofs-Mitra. In jedem der sechs Fenster sind zwei Apostelfiguren zu entdecken.

In der Kirche, die dem Heiligen Andreas geweiht ist, gibt es zwar nicht viele Details zu entdecken. Die, die der Betrachter indes zu sehen bekommt, sind durchaus ungewöhnlich. Das findet auch Pfarrer Behr. „Was sicherlich nicht oft in dieser Form in Kirchen zu finden ist, ist der außergewöhnliche Ambo“, sagt der 60-Jährige. Dort finden sich drei Köpfe, deren Ursprung und Sinnhaftigkeit sich der Pfarrer nicht so recht zu erklären weiß. Gleiches gilt für den Tabernakel, der mit seinen Strahlen nach oben, unten, links und rechts wuchtig und zerbrechlich zugleich wirkt. Beides sind plastische Holzarbeiten des Bildhauers Manfred Saul, der Tabernakel stammt aus dem Jahr 1962, der Ambo ist 20 Jahre älter.

Bergisch Born, ursprünglich eine eigenständige Gemeinde, wurde 1979 im Rahmen der Gebietsreform als sogenanntes abhängiges Rektorat St. Bonaventura zugesprochen. „Die Gemeinde besteht natürlich hauptsächlich aus Bergisch Borner Bürgern, aber es kommen auch immer wieder Lenneper zur Samstagabendmesse. Es ist eine kleine, beinahe gemütliche Kirche, die sich eigentlich recht gut für Hochzeiten oder Taufen anbieten würde. Denn eine vielleicht 50-köpfige Hochzeitsgesellschaft verliert sich in unseren beiden anderen Kirchen St. Bonaventura oder Hl. Kreuz aufgrund deren Größe dann doch recht schnell“, sagt Behr.

Allerdings werde die Bergisch Borner Kirche dafür eher selten genutzt. „Wir steuern die Leute jetzt nicht direkt dazu, in welcher Kirche sie feiern sollen, aber wir erwähnen schon immer, dass es ja auch noch eine Kirche in Bergisch Born gibt“, sagt Behr schmunzelnd.

Ein kleiner, aber sehr schöner Hingucker ist im Altarraum, der ansonsten ohne Fenster und andere Details auskommt, noch das Altarkreuz. „In der Mitte befindet sich ein beleuchteter Bergkristall, der in sehr schönem Kontrast zum restlichen Kreuz steht“, sagt Behr. Es ist tatsächlich ein sehr anheimelnder Anblick, der es einem warm ums Herz werden lässt – gerade im Herbst und Winter, wenn es draußen kalt und grau ist, hat solch ein beleuchtetes Kreuz eine irgendwie friedliche Wirkung auf den Betrachter.

Eine weitere Besonderheit der kleinen St.-Andreas-Kirche findet sich auf der schmalen Empore, auf der auch die Orgel untergebracht ist. Zwei Seile hängen aus der Decke herab. Mit ein wenig Kombinationsgabe wird schnell klar, welche Funktion sie haben. „Hier wird noch von Hand geläutet“, bestätigt Pfarrer Behr und fängt an, an einem der Seile zu ziehen. Und tatsächlich, gleich erklingt das typische Geräusch der Kirchenglocke. Wenn man an beiden Seilen gleichzeitig zieht, erklingt nicht nur ein schönes Geläut – nach einigen Momenten merkt man, dass es eine durchaus anstrengende Tätigkeit ist. „Die Küsterin läutet immer zur Messe, aber etwa in der Silvesternacht muss hier keiner herkommen, um das neue Jahr zu begrüßen“, sagt Behr.

  ◁  Der Blick zum Altar zeigt: St. Andreas ist eine sehr schlichte Kirche, die zudem eher klein ist.           ▷  Auf einem Fensterbild ist der Engel vor dem leeren Grab zu sehen.

◁ Der Blick zum Altar zeigt: St. Andreas ist eine sehr schlichte Kirche, die zudem eher klein ist. ▷ Auf einem Fensterbild ist der Engel vor dem leeren Grab zu sehen.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)
Remscheid: Die Kirchturm-Rakete
Foto: Moll, Jürgen (jumo)
  ▷  Opferkerzen stehen auf einem Kerzenständer vor einem Rosenkranz und einem Marienbild.

▷ Opferkerzen stehen auf einem Kerzenständer vor einem Rosenkranz und einem Marienbild.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

In einer Ecke steht zudem eine fest auf einem Gestell montierte Glocke. Auf ihr liegt ein kleiner Hammer. „Damit schlägt ein Gottesdienstbesucher immer während der Wandlung die Glocke“, sagt Behr. St. Andreas mag zwar vor allem altersbedingt nicht mehr das aktivste Gemeindeleben haben. „Es finden die Gottesdienste statt, sonst gibt es hier kaum noch Aktivitäten“, sagt Behr. Aber immerhin werden die Gemeindemitglieder bei den Gottesdiensten noch selbst aktiv.

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