Medizinische Versorgung in Remscheid Der Telenotarzt fürs Bergische Land ist auf der Zielgeraden

Remscheid · Bald ist der Arzt per Video im Krankenwagen anwesend. Die Rettungswagen mit der dafür nötigen Technik stehen schon auf der Hauptwache der Feuerwehr Auf dem Knapp.

Sebastian Huß, Abteilungsleiter Rettungsdienst (l.)und Feuerwehr-Chef Guido Eul-Jordan.vor einem der mit der neuen Technik ausgestatteten Rettungswagen.

Foto: Jürgen Moll

Mancher kennt die Szene aus dem Kino, einige wenige Menschen werden es schon selbst erlebt haben: Bei einer Operation oder einem medizinischen Notfall steht einer der Ärzte nicht im Operationssaal, sondern ist per Videoübertragung aus der Ferne zugeschaltet und bringt seine Expertise ein, wenn es darum geht, dem Patienten zu helfen. Die Fortschritte der Digitalisierung mit schnellen Datenleitungen und hochauflösenden Kameras machen mittlerweile auch mobile Einsätze von so genannten Tele-Ärzten möglich.

Bald auch in Remscheid. „Wir sind schon sehr weit, stehen kurz vor der Finalisierung, das läuft gerade auf Hochtouren“, berichtet Feuerwehrchef Guido Eul-Jordan im Gespräch mit der Redaktion über den Stand des Projekts „Telenotarzt Bergisch Land“, zu dem sich 2023 insgesamt sechs Städte und Gemeinden mit insgesamt 1,2 Millionen Einwohnern zusammengeschlossen haben.

Das Konzept ist schnell erklärt: Wenn bei einem Notfall keiner der Notärzte in der Region verfügbar ist (etwa, weil es gerade mehrere Notfälle gibt, oder die Anfahrt zu lange dauern würde), wird der Telenotarzt über die Leitstelle angefordert. Drei Szenarien sind möglich: Nach Anamnese und Erstversorgung durch das Team im Rettungswagen berät sich der Telenotarzt mit den Rettungssanitätern im Rettungswagen über die weitere Versorgung. Dann muss der Notarzt sich nicht mehr auf den Weg machen. In anderen Varianten kann der Telenotarzt die Zeit bis zum Eintreffen seines Kollegen überbrücken. In der dritten Variante unterstützt der Telenotarzt den Notarzt vor Ort.

In Remscheid sind die technischen Voraussetzungen für das neue System schon vorhanden. Die insgesamt zehn neuen Rettungswagen, die angeschafft wurden, sind bereits mit Leerrohren für die nötigen Datenleitungen ausgestattet. In der Decke der Fahrzeuge ist eine HD-Kamera eingebaut. Die Technik macht es möglich, dass die Rettungssanitäter per Knopfdruck mit dem Telenotarzt in der Leitstelle verbunden werden können. Der bekommt Vitaldaten wie Blutdruck und Herzfunktion über eine Mobilfunkleitung übermittelt. Auch Bilder von Arztbriefen oder Medikamenten können übertragen werden.

Eul-Jordan spricht von einem „Super-Projekt“, das eine Antwort auch auf demografische Entwicklungen gebe. Denn die Zahl der Ärzte sinkt, gerade im ländlichen Raum gebe es Probleme. Mit den Teleärzten, die künftig in den Leitstellen in Mettmann und Leverkusen 24 Stunden am Tag anwesend sind, bekämen die Rettungssanitäter eine wichtige, immer erreichbare Rückfallebene. „Der Arzt muss nicht körperlich im Raum sein, um etwas zu sehen“, sagt Eul-Jordan. „Wichtig ist eine gute Bildqualität.“ Gleichzeitig versichert der Feuerwehrchef, dass für das neue System keine der beiden in Remscheid vorhandenen Notarztstellen abgebaut werden soll.

Dr. Ferdinand Hubmann ist Telenotarzt in Aachen , wo das Pilot-Projekt angesiedelt war.

Foto: Andreas Herrmann

Anschlüsse für die Telenotarzt (TNA)-Technik in einem der zehn neuen Rettungswagen der Feuerwehr Remscheid.

Foto: Jürgen Moll

Die im Januar 2023 auf Schloss Burg unterzeichnete und im April 2023 nach Genehmigung der Bezirksregierung in Kraft getretene Vereinbarung erfüllt organisatorisch und vom Volumen die faktischen Voraussetzungen, die aus der Auswertung eines erfolgreichen Modellprojekts in der Region Aachen abgeleitet wurden. Demnach sollte ein Telenotarzt-System eine Region mit etwa 1,2 Millionen Einwohnern versorgen. Darauf achten auch die Krankenkassen, die das System finanzieren. „Es muss sich lohnen, einen Arzt 24 Stunden in die Leitstelle zu setzen“, sagt Eul-Jordan.