Remscheid Dem Vertrauen auf der Spur

Remscheid · Ein ehemaliger Geheimdienst-Agent und ein Kommunikationsforscher diskutierten beim 5. Sparkassen-Forum.

 Leo Martin (v.l.), Prof. Dr. Bernhard Pörksen und Andreas Franik sorgten für einen unterhaltsamen Abend.

Leo Martin (v.l.), Prof. Dr. Bernhard Pörksen und Andreas Franik sorgten für einen unterhaltsamen Abend.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Frage, was genau eigentlich Vertrauen ist, war Thema beim 5. Sparkassen-Forum am Mittwochabend im gut besuchten Vaßbender-Saal am Markt. Moderator Andreas Franik hatte zur Beantwortung zwei hochkarätige Gäste an seiner Seite, die – jeder auf seine Weise – für einen enorm unterhaltsamen Abend sorgten.

Zum einen war es der Tübinger Professor für Medien- und Kommunikationsforschung Dr. Bernhard Pörksen. Zum anderen war der als „deutscher 007“ bekannt gewordene ehemalige Geheimdienst-Agent Leo Martin nach Remscheid gekommen. Der eine konnte aus einer theoretischen und wissenschaftlichen Warte heraus erklären, wie Vertrauen zwischen zwei Menschen entsteht, was dafür nötig ist und wie es gebrochen – und auch wieder gekittet – werden kann. Der andere wiederum hatte in seiner aktiven Zeit im Geheimdienst zehn Jahre lang V-Männer rekrutiert, wofür natürlich eine große Menge an Vertrauen nötig ist. Aus diesem reichen Erfahrungsschatz konnte Martin abwechslungsreich und spannend berichten. Einen großen Teil des Abends nahm dann auch ein Live-Experiment des Ex-Agenten ein.

Zuvor erzählten beide Gäste aber noch aus ihren jeweiligen Lebensläufen. So berichtete Martin etwa, dass er in einer Zeit zum Geheimdienst gekommen sei, in der sich eine solche Karriere nicht planen habe lassen. „Man hatte dort viel zu viel Angst vor Infiltration und hat den Nachwuchs deswegen aus dem Polizeidienst rekrutiert“, sagte Martin. Er sei angeworben worden und habe seitdem eine Legende gelebt. „Nicht einmal meine Mutter wusste, was genau ich mache“, sagte Martin. Diese Lüge sei auch nötig und richtig gewesen, weil sie nicht den Kern einer Beziehung getroffen habe. „Denn nur dann zerstört die Lüge die Beziehung, das ist im privaten Bereich genauso wie im geheimdienstlichen.“

Pörksen wiederum hatte sich wegen vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Studenten den Titel „Professor des Jahres“ erarbeitet. In diversen Seminaren habe er zusammen mit den Studenten fünf Bücher veröffentlicht. „Da waren Geld, Reputation und Zeit investiert worden. Meine Studenten wussten, dass sie dies aufs Spiel setzen, wenn sie nicht das lieferten, was ausgemacht war. Wir hatten wechselseitig ineinander Vertrauen“, sagte der Professor.

Sein Forschungsgegenstand sei die Empörung, vor allem in den sozialen Medien. So habe er im Zuge des Hacker-Skandals ein Klima der „fiebrigen Menschenjagd auf Twitter“ entstehen sehen. Auch das Thema Shitstorm war Gegenstand seiner Untersuchungen. Letztlich drehe sich aber alles um die – richtige und falsche – Kommunikation. Dabei wurde deutlich, dass das wohl wichtigste Zubehör dafür das Zuhören sei. „Man kann Menschen zum Schweigen bringen, aber nicht zum Zuhören. Zuhören ist ein Geschenk in unserer Zeit“, sagte der Kommunikationsforscher.

Und dazu gehöre auch eine Klarheit der Signale. „Das ist die Grundlage für funktionierende Kommunikation“, sagte Martin. Deutlich machte er das an dem erwähnten Live-Experiment, zu dem er zwei Frauen und zwei Männer auf die Bühne bat. An diesen vier Menschen zeigte er dann, wie man dahinter kommen konnte, ob einer davon die Wahrheit sagte oder nicht. Und auch wenn das sehr humorvoll und freundlich zuging, bekam man dabei doch zumindest einen kleinen Eindruck davon, wie die Arbeit des Ex-Geheimdienst-Agenten ausgesehen haben mochte.

Pörksen, der das Geschehen nach eigener Angabe aus dem Publikum heraus analysierte, brachte es im Anschluss auf den Punkt: „Man muss authentisch sein und das sagen, was man denkt. Wenn man widersprüchlich ist, kann ein gewiefter Beobachter der Lüge ganz schnell auf die Spur kommen.“

Es war ein hochinteressanter Abend, der beim anschließenden Imbiss ausgiebig diskutiert wurde.

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