Kultur in Remscheid Daniel Huppert lässt die Musik atmen

Remscheid · Der neue Generalmusikdirektor der Bergischen Symphoniker überzeugte beim ersten Kennenlernen mit dem Remscheider Publikum. Einem Ohrwurm wie Dvoráks „Neunter Symphonie“ gab er neue Frische zurück.

 Erster Auftritt von Daniel Huppert, dem neuen Generalmusikdirektor der Bergischen Symphoniker, im Teo Otto Theater.

Erster Auftritt von Daniel Huppert, dem neuen Generalmusikdirektor der Bergischen Symphoniker, im Teo Otto Theater.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Nach dem ersten Konzert unter dem neuen Generalmusikdirektor Daniel Huppert herrschte gute Stimmung im frisch gestrichenen Foyer des Teo Otto Theaters. Die zahlreichen Besucher, die für ein gut ausgelastetes Haus sorgten, nickten sich zu. „Guter Mann“ und „tolles Konzert“ hieß es an den Garderoben und Ausgangstüren. Fünfmal klatschten die Zuhörer den neuen GMD am Ende heraus. Sie applaudierten ihm im Stehen und die vereinzelten Bravo-Rufe können für Remscheider Verhältnisse schon als Anzeichen von Begeisterung gewertet werden. Das erste Zusammentreffen zwischen Publikum und Dirigent verlief vielversprechend und weckte Lust auf mehr.

Zum Kennenlernen wählte Huppert ein Programm, das fest im Zentrum des breiten Publikumsgeschmacks der Klassikfans verankert ist. Richard Wagners Ouvertüre von „Rienzi“, Ludwig van Beethovens zweites Klavierkonzert und Antonin Dvoráks Symphonie „Aus der neuen Welt“. Dvoráks „Neunte Symphonie“ zählt zur Kategorie der „Ohrwürmer“. Ihr zentrales Thema pfeift man auch noch 24 Stunden nach dem Konzert locker vor sich her. Wer die Interpretation der Bergischen Symphoniker unter ihrem neuen Chef gehört hat, der kann wohlgemut behaupten, ein Live-Konzert kann auch einem Ohrwurm neue Frische verleihen.

 Das Kennenlernen begann mit Wagners Ouvertüre zur Oper „Rienzi“. Ihr fehlt noch die starke Dosis an Opiaten, die später den Sound des Meisters aus Bayreuth prägen. Ein Fanfarenruf der Trompete eröffnet das Konzert. Cello und Kontrabass nehmen ihn auf und grundieren ihn dunkel. Flöten, Oboen und Klarinetten führen ihn später ins Helle.

Es ist ein betörend leises, bedächtiges Beginnen in D-Dur. Noch betörender wirken die gedehnten Pausen, die Huppert zwischen den Wechseln der Instrumentengruppen zulässt. Das passiert nicht nur bei Wagner, auch bei Dvorák setzte er weiche Pufferzonen ein. Huppert lässt das Orchester atmen. Er steuert die Musik nicht, er lässt sie sich aus der Stille heraus entwickeln. Dadurch entstehen magische Räume, große Felder kristalliner Klänge. Eine fast meditative Zeit gibt den Ton an. Dvoráks vielschichtiges Werk erhält bei Huppert einen noblen Klang. Das Tänzerische klingt nie plump. Das Virtuose verliert nie seine Eleganz. So führt Huppert das Orchester wie einen Dreimaster mit prall gefüllten Segeln durch die kleinsten Meeresengen, ohne dass ein Knacken des Mastes zu hören ist. Was vor allem den Bläsern zu verdanken war.

In den verschiedenen Stimmungslagen der drei Sätze von Beethovens zweitem Klavierkonzert fühlte sich der Pianist Alexander Krichel zu Hause. Nicht nur die Souveränität seines Spiels beeindruckte, auch das Gemisch aus Sensibilität und kecker Angriffslust. Er kann mit der rechten Hand den luftigen Tönen ätherischen Glanz verleihen und sie durch langen Pedaleinsatz zum Verglühen bringen. Im nächsten Augenblick stürmt er wie eine Herde junger Gazellen durch die Noten. Auch als Komponist stellte sich Krichel vor. Als Zugabe spielte er ein Schlaflied, das er für einen Freund komponierte. Traumhaft. Huppert atmete tief durch nach dem letzten Satz. Mit weichen und klaren Bewegungen dirigierte er das Orchester. Huppert und die Symphoniker – das scheint zu passen.

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