1. CSD in Remscheid Christopher Street Day ist bunt, laut und politisch

Remscheid · Der 1. Christopher Street Day übertraf alle Erwartungen. Weit über 1000 Menschen zogen tanzend und demonstrierend durch Remscheid. Die Gegendemo blieb eine Randnotiz.

CSD: So bunt war der Christopher Street Day​ in Remscheid
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So bunt war der Christopher Street Day in Remscheid

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Foto: Jürgen Moll

Die Vielfalt wurde in der Werkzeugstadt schon oft gefeiert, doch noch nie so bunt und lebendig wie am Samstag. Bislang galt das Augenmerk hauptsächlich den vielen Menschen unterschiedlicher Herkunft, den verschiedenen Religionsgemeinschaften – oder den Vereinen. Nun aber wurde eine weitere Vielfalt gefeiert, die der Geschlechter, Identitäten und ihrer sexuellen Orientierung.

Schwule, Lesben und Transsexuelle sowie alle anderen, die sich nicht in der klassischen Zwei-Geschlechter-Ordnung wiederfinden, ebenso wie zahlreiche Unterstützer, Freunde und Eltern fanden sich am Samstagnachmittag auf dem Rathausplatz ein. In bunten Outfits und mit vielen Regenbogenfahnen zeigten sie Flagge für soziale Akzeptanz.

Die Trommlergruppe „Apito Fiasko“ aus Wuppertal sorgte für einen schwungvollen Rhythmus, um die über 1000 Menschen auf dem Platz in Bewegung zu bringen. Die Zumba-Gruppe des soziokulturellen Zentrums „Die Welle“ aus Lennep performte zum Lied „Regenbogenfarben“ von Schlagersängerin Kerstin Ott, ehe 1Live-Moderator Benni Bauerdick das Mikrofon an Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz übergab. „Was für ein tolles Bild“, lobte das Stadtoberhaupt die bunte Menge. In seinem Redebeitrag betonte Mast-Weisz, dass jeder Mensch kulturell, politisch, religiös oder sexuell unterschiedlich sein kann, doch dass jeder einzelne in dieser bunten Stadtgesellschaft seinen Platz habe. „Ohne all diese Menschen wäre Remscheid keine Großstadt und würde auch nicht funktionieren.“

Dann erhob das Stadtoberhaupt die Stimme, um den rund 30 Gegendemonstranten des ersten Remscheider Christopher Street Days eine deutliche Botschaft mitzugeben. „Religion darf nicht missbraucht werden als Mittel der Ausgrenzung.“ Polizeilich abgetrennt, hatten sich hauptsächlich junge Männer mit einem großen schwarzen Holzkreuz und Bannern aufgestellt, um gegen die Vielfalt zu demonstrieren, für die der CSD kämpft.

Wenige Meter weiter feierte die bunte Menge, unter die sich stadtbekannte Gesichter aus Politik und Kultur, Organisationen und Vereinen gemischt hatten. Andere Unterstützer waren weit gereist. Jonas Schmidt (26) war als geflügelter weißer Engel mit regenbogenfarbenen Strasssteinen als Augenbrauen von Bremen nach Remscheid gekommen, um den ersten CSD in der Stadt zu unterstützen. Er besuche regelmäßig Pride-Paraden in ganz Deutschland, besonders gern in kleineren Städten. „Weil es deutlich wichtiger ist, den CSD in kleinen Städten zu unterstützen. In Großstädten gibt es mittlerweile genügend Vorbilder.“

Ihm selbst hätten vor seinem Outing solche Vorbilder gefehlt. Und obwohl die Akzeptanz von Homosexualität in der Gesellschaft heute größer sei, betont Jonas, dass es trotzdem wichtig ist, weiter dafür auf die Straße zu gehen. Denn aktuell gehe die Gesellschaft wieder einen Schritt zurück – auch wegen Parteien wie der AfD.

Ähnlich äußerten sich auch Detlef (64) und Holger (49). Seit 19 Jahren sind die Kölner ein Paar, seit sieben Jahren verheiratet. Detlef outete sich vor 30 Jahren. „Das war eine völlig andere Zeit. Es war damals sehr viel schwerer, als homosexueller Mann zu leben“, erinnert er sich. Zurück in eine solche Zeit will er nie mehr. Darum engagiert er sich bei der Cologne Pride und unterstützt auch kleinere Veranstaltungen im Umland. Seine erste Parade in Köln feierte das Paar mit 80 Teilnehmern. „Mittlerweile sind wir bei 1,4 Millionen Besuchern.“ So groß müsse Remscheid gar nicht werden, sagten Detlef und Holger, doch die Organisatoren hätten schon mal einen spektakulären Start hingelegt. „Es ist super, wie viele Menschen gekommen sind und wie toll die Stadt mit dem OB hinter unserer Community steht“, sagte Detlef.

So laut und bunt wie beim Christopher Street Day war es auf der Hindenburgstraße lange nicht mehr.

So laut und bunt wie beim Christopher Street Day war es auf der Hindenburgstraße lange nicht mehr.

Foto: Jürgen Moll

Trommelnd, tanzend und friedlich demonstrierend zog die von der Polizei eskortierte Parade vom Rathausplatz über die Hindenburgstraße bis zum Stadtpark, wo sich weitere Menschen anschlossen. Vor dem Gertrud-Bäumer-Gymnasium ergriff Sven Wolf das Wort. Der SPD-Landtagsabgeordnete sagte, wie stolz er besonders an diesem Tag auf seine Heimatstadt sei und wie wichtig Vielfalt für eine Stadtgesellschaft ist. Elias Ewald vom Orga-Team und Mitglied der Queeren-Community Remscheids ergriff das Wort, um die Bedeutung des ersten Christopher Street Days in seiner Heimatstadt zu erklären: „Damit wir nicht länger Selbsthass statt Akzeptanz erfahren. Damit wir uns endlich trauen, wir selbst zu sein.“

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