Lenneperin Gerda Brüning gibt ihr Reisebüro auf Schlusstrich nach 42 Jahren

Remscheid · Gerda Brüning hat ihr Reisebüro in Lennep aufgegeben. Jetzt will sie noch mal verreisen – in die Alpen.

 Gerda Brüning nimmt Abschied vom Reisebüro. Die Gläser mit den Proben vom Sand aus aller Welt hat sie jahrelang gehegt und gepflegt.

Gerda Brüning nimmt Abschied vom Reisebüro. Die Gläser mit den Proben vom Sand aus aller Welt hat sie jahrelang gehegt und gepflegt.

Foto: Dominicus Gnielinski

Am 30. Juni zog Gerda Brüning einen Schlussstrich: Nach 42 Jahren ist das Reisebüro in Lennep gegenüber dem ehemaligen Hertie-Gebäude Geschichte. Ausgelöst habe diesen Schritt eine Änderung im EU-Recht, erläutert die ehemalige Inhaberin: „Wegen der Pauschalreise-Richtlinie hätte ich seit 1. Juli keine Reisen mehr zusammenstellen dürfen. Dafür hätte ich mich als Reiseveranstalter qualifizieren und eine Schulung machen müssen.“ Dieser Aufwand sei ihr zu viel gewesen.

Gerade die maßgeschneiderte Urlaubsreise für die speziellsten Bedürfnisse sei die Stärke des Unternehmens gewesen. „Einmal wollte ein Kunde mit der Concorde der Sonnenfinsternis hinterherfliegen, um sie mehrfach erleben zu können. Auch das haben wir hinbekommen“, erinnert sich die Frisch-Ruheständlerin an die wohl skurrilste Reise der Unternehmenshistorie.

Die gesamte Zahl der Buchungen in 42 Jahren Reisebüro Brüning kann die Inhaberin nicht abschätzen. Seit 1991 seien es über 70.000 gewesen. Den Preisvergleich mit Internet-Angeboten habe das Unternehmen nicht fürchten müssen. „Oft waren wir sogar günstiger“, zeigt sich die Reise-Expertin zufrieden. Wichtiger sei den Kunden aber die Ortskenntnis der Brünings gewesen, da das Ehepaar viele Urlaubsziele schon bereist hatte und ganz konkrete Tipps parat hatte – inklusive Sandbeschaffenheit: Auf sechs Regalmetern in zwei bis drei Reihen hintereinander stehen selbstgesammelte Sandproben von den Stränden dieser Welt für den Kunden bereit.

Angefangen haben Gerda und Peter Brüning im November 1976. Das Ehepaar wohnte selbst über ihrem Reisebüro. Die ersten drei Jahre war eine Annahmestelle für eine Reinigung dabei, um über diese Kundschaft das Reiseangebot bekannt zu machen. „Damals wurde noch anders gereist, viel mit der Bahn oder Bus, kaum mit dem Flugzeug. Das kam erst später“ erinnert sie sich.

Die Kundenstruktur habe sich ebenfalls geändert: „Früher haben in Lennep viele Menschen bei den ansässigen Unternehmen gut verdient. Auch wenn die hier nicht wohnten, haben sie in Lennep ihre Erledigungen gemacht und auch Reisen gebucht.“ Mit diesen Unternehmen sei auch die Laufkundschaft verschwunden. „Aber wir konnten auf unsere Empfehlungsquote und die Stammkundschaft bauen.“

Seit 2015 seien die Umsätze jedoch spürbar zurückgegangen – wegen des Todes ihres Mannes sowie der Baustellenstellen-Situation an der Kölner Straße. Trotzdem hätte sie weitermachen können: „Wir haben immer mit unserer Ortskenntnis der Reiseziele gepunktet. Das schätzen die Stammkunden noch immer.“ Diese werden fortan von der ehemaligen Brüning-Mitarbeiterin Petra Kuhlendahl mit ihrem mobilen Reisebüro betreut. Wer in Lennep ein Flixbus-Ticket kaufen möchte, kann sich an Merkana-Reisen am Thüringsberg wenden.

Mit der Schließung kehrt nicht nur die Unternehmerin, sondern auch die Bewohnerin Lennep den Rücken. Sie zieht nach Lindlar. „Ohne Geschäft kann ich hier nicht mehr leben“, sagt Brüning. Was sie vor hat? „In der Welt herumgereist bin ich genug“, sagt sie, aber es gebe noch weiße Flecken, die Alpen kennt sie kaum. „Da sind wir immer nur durchgefahren – ich freue mich, die Alpen kennenzulernen.“

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