Kultur in der Klosterkirche Bissiges Politkabarett mit Fatih Çevikkollu

Remscheid · Der Kölner Kabarettist Fatih Çevikkollu präsentierte sein neues Programm „FatihMorgana“ auf der Bühne der Klosterkirche.

 Fatih Çevikkollu hatte den Schalk im Nacken und genoss in der Lenneper Klosterkirche das Spiel mit den Klischees.

Fatih Çevikkollu hatte den Schalk im Nacken und genoss in der Lenneper Klosterkirche das Spiel mit den Klischees.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Klosterkirche war am Donnerstagabend sehr gut besucht, als der Kölner Kabarettist Fatih Çevikkollu mit seinem neuen und clever betitelten Programm „FatihMorgana“ die Bühne betrat. Laut eigener Aussage handelte es sich dabei um eine „Einladung zum Perspektivwechsel“. Und was sich dahinter verbarg, konnten die rund 250 Zuschauer im Laufe eines abwechslungsreichen, humorgespickten und doch immer wieder auch nachdenklich machenden Abends herausfinden.

Dabei bot sich dem Publikum ein selbst für Kabarettverhältnisse enorm karges Bühnenbild – denn der Kabarettist verließ sich ganz und gar auf seinen Auftritt. Und konnte das auch ganz ohne Probleme. Er kommunizierte gut gelaunt mit seinem Publikum, ließ sich hier einen Namen geben und das Publikum dort die Warteschleifenmusik des Auswärtigen Amtes singen: „Freude schöner Götterfunken ...“, kam es da prompt textsicher aus vielen Kehlen. „Exakt so, nur ohne Text“, sagte der Kabarettist trocken. Çevikkollu stand im hellblauen Anzug auf einer leeren Bühne, dazu trug er Sandalen, barfuß natürlich, und erzählte charmant über allerlei Obskures aus dem gesellschaftlichen und politischen Leben.

Er sprach etwa darüber, dass er vor kurzem eine Einladung zu einem Gastspiel in der Türkei bekommen hatte. „Deswegen auch der Anruf beim Auswärtigen Amt.“ Schließlich mache er ja Kabarett und habe daher ja einen tendenziell kritischen Ansatz. „Und ich spreche dann ja vielleicht auch über ‚ihr-wisst-schon-wen‘ ...“, sagte er dann zum Beamten des Auswärtigen Amtes, nachdem er die Warteschleife doch noch überwunden hatte. „Wir können nichts für Sie tun, ehe nichts passiert ist“, kam von dem die Antwort.

Der Kabarettist hatte den Schalk sichtlich im Nacken und genoss das Spiel mit den Klischees. „Oft beschweren sich die deutsch-deutschen Zuschauer, dass ich so frech sei. Die sagen mir dann: Kümmere dich doch um deinen Erdogan! Denen sage ich dann: Wieso denn das? Ich hab doch genug zu tun mit meiner Wagenknecht, meinem Linder und meinem Seeopfer.“

Aber natürlich konnte er sich den einen oder anderen Seitenhieb auf Erdogan nicht verkneifen: „Die Türkei hat ihren ersten demokratisch gewählten Sultan.“ Oder: „Mittlerweile hat sich das Verhältnis zur Türkei wieder gebessert, jetzt buchst du 14 Tage Antalya – und bekommst
20 Jahre dazu.“ Es ging aber auch um hiesige Politik. Etwa um die ehemaligen Bundesminister Franz-Josef Jung und Dirk Niebel. Zu Letzterem sagte er dann etwa: „Niebel war der, der schnell gemerkt hat, dass sich Teppichschmuggel alleine nicht lohnt. Wenn schon Teppich, dann Bombenteppich – der wirft mehr ab.“

Diese bissige und böse Art von Humor zog sich durch sein Programm, frei nach dem Motto: „Wir wissen genau, was wir von Erdogan, Putin und Trump halten – aber warum in die Ferne schweifen, wenn die Scheiße liegt so nah?“ Schließlich hätten ja die genannten Bundesminister nach ihrem Ausstieg aus der Politik ja einen Deal zwischen Rheinmetall – „die sitzen in einem Nebenort von Köln, der heißt Düsseldorf, und die bauen Panzer“ – und der Türkei ausgehandelt.

Und genau deswegen, weil er den Blick nicht nur in die Ferne, sondern auch in die Nähe schweifen ließ, weil er die Finger – ja, alle zehn – auf intelligente und wunderbar böse Art und Weise in die Wunden unserer Gesellschaft legte, sind Künstler wie er so gut und wichtig.

Und wenn Çevikkollu sich diebisch über seine Seitenhiebe und Witze freute, wenn die Pointen zündeten, dann wurde er einem gleich noch ein wenig sympathischer. Noch besser wurde es, als er gegen Ende des Abends einen Münchner Soziologen mit den Worten „Gesellschaft ist die Gleichzeitigkeit von Unterschiedlichkeit“ zitierte.

Auf diese Weise brachte er nämlich so noch einen gewissen Bildungsauftrag in die Unterhaltung. Und das ist bei aller Gagdichte ja schließlich nie verkehrt.

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