Prozess in Wuppertal Bäckerei-Räuber steht vor Gericht
Remscheid/Wuppertal · Das Landgericht Wuppertal eröffnete jetzt die Verhandlung gegen einen 25-jährigen Remscheider, der wegen eines Raubüberfalls auf eine Bäckerei in Wuppertal in Untersuchungshaft sitzt.
Der 25. September 2019 war keiner der wirklich schönen Tage im vergangenen Sommer. Es war bedeckt, Regen lag in der Luft und die Sonnenbrille, die der Remscheider beim Betreten der Bäckerei trug, war reichlich überflüssig. So der erste Eindruck der Verkäuferin hinter der Theke. Bei rund 18 Grad über, nicht unter Null galt das wohl auch für den Kapuzenpullover, in dem er sein Gesicht versteckte. Richtig schweißtreibend für die Verkäuferinnen war dann der Anblick eines Kochmessers, mit dem er drohte und das Öffnen der Kasse verlangte.
Der beängstigende Auftritt blieb dennoch erfolglos. Zwar bediente sich der Angeklagte an der offenen Kasse, die aber gab nur die kleinen Scheine frei. Per Fanghaken war der Zugang zu den größeren Scheinen in der Schublade verwehrt. Und das Kleingeld hatte er bei der überstürzten Flucht zum großen Teil verloren. Oder weggeworfen, wie er vor dem Richter behauptete.
Und warum dann die versuchte Rückkehr in den Laden drei Sekunden später? Um sich an den größeren Scheinen zu bedienen, wie die Staatsanwältin vermutete? Oder aus Panik vor dem Leben draußen, wie der Beklagte durchblicken ließ? Denn die war ein Teil seiner Lebensgeschichte, die gerade einen Tiefpunkt erreicht hatte: Kein Zuhause – sein Zimmer im Runkel-Bau war von Drogen-„Freunden“ leergeräumt worden, sogar Herd und Kühlschrank waren verschwunden. Kein Job, kein Geld, selbst die Sozialhilfe war auf Null gedreht worden, nachdem er die gerade begonnene Ausbildung abgebrochen hatte. Keine Familie, die Eltern lebten getrennt. Die Mutter mit Drogenvergangenheit, der Vater das Gegenteil und deshalb im ständigen Streit mit dem Sohn. Der habe seit dem 19. Lebensjahr zu Hause regelmäßig seine Joints durchgezogen.
Keine Orientierung, dafür Verdämmern der Tage und Stimmen im Kopf, die ihn schon unzählige Male zur Behandlung in den Tannenhof getrieben hatten. Kein Verständnis bei der Polizei, die ihn am Tag vorher noch nach Drogen abgeklopft und dabei merkwürdige Substanzen beschlagnahmt hatte.
Keine richtigen Freunde, aber Drohungen von allen Seiten – ob nun tatsächlich oder nur im Wahn eingebildet, das muss der psychiatrische Gutachter noch klären. Der kannte den Angeklagten bislang nur aus Akten und hat deshalb noch viele drängende Fragen nach Gegenwart und Vergangenheit, hält aber bereits heute einen Maßregelvollzug für möglich.
Von Kunden der Bäckerei wurde der Remscheider nach Verlassen des Geschäfts verfolgt und festgehalten, sogar ein Stuhl wurde nach ihm geworfen. Das verlorene Messer sicherte eine Zeugin unter ihrem Schuh, bis die Polizei kam.
Gelohnt hat sich der Überfall auf die Bäckerei nicht wirklich, die Kassenprüfung ergab einen Fehlbetrag von exakt 34,65 Euro. Aber er sei froh, wie er sagte, in Untersuchungshaft zu kommen. Hier fühle er sich sicher. Das Verfahren wird fortgesetzt.