Schule in Remscheid Abiturfach Chinesisch

Remscheid · Als Schulfach fristete Chinesisch lange ein Schattendasein. Inzwischen ist die Sprache allerdings ein beliebtes Abiturfach geworden – auch an den Remscheider Gymnasien.

 Lehrer Michael Czernik bringt Jana Stolle (l.) und Lina Görzen am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium Chinesisch bei.

Lehrer Michael Czernik bringt Jana Stolle (l.) und Lina Görzen am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium Chinesisch bei.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Lina Görzen (16) und Jana Stolle (17) sind unterschiedliche Charaktere. Eines jedoch verbindet die beiden Oberstufenschülerinnen des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums: Sie lernen mit Leidenschaft Chinesisch.

„Bei mir stand am Anfang die Begeisterung für koreanische Popmusik“, sagt Lina. Aus diesem Faible für den sogenannten K-Pop sei ein allgemeines Interesse an Ostasien erwachsen: „Weshalb ich zwischenzeitlich versucht habe, mir selbst Japanisch beizubringen.“ Exotische Sprachen autodidaktisch zu erlernen, sei jedoch schwer. „Also stand für mich schon früh fest, dass ich zu Beginn der Einführungsphase in die Oberstufe die Chance nutzen würde, Chinesisch als Abiturfach zu wählen.“ Denn eine andere ostasiatische Sprache könne man an den Gymnasien nicht erlernen. Inzwischen ist Lina jedoch froh, dass sie ihre Energie seit nunmehr einem Jahr erfolgreich in Chinesisch steckt: „Keine andere Sprache wird von mehr Muttersprachlern gesprochen“, sagt die Remscheider Gymnasiastin, die sich in der Qualifikationsphase befindet.

Dahin muss Jana Stolle erst noch kommen: Die Wermelskirchenerin ist derzeit in der Jahrgangsstufe 10 und kam von einem Berufskolleg in Opladen. Mit dem Wechsel an die EMA zu Beginn des laufenden Schuljahres bot sich auch ihr die Gelegenheit, ihre Sprachpalette aus Spanisch und Englisch um Chinesisch zu erweitern: „Anders als Lina hatte ich aber nie etwas mit Popmusik aus Fernost zu tun.“ Sie habe lediglich ein allgemeines Interesse an Südostasien und sei schon vor zwei Jahren über einen Schüleraustausch in Thailand gewesen. An Chinesisch reize sie, „dass die Sprache so weit verbreitet ist“. Das sei ihr Hauptmotiv zum Erlernen gewesen. Bisher sei sie auch voll auf ihre Kosten gekommen: „Der Unterricht macht Spaß!“ Zumal Chinesisch nicht ganz so kompliziert sei, wie sie es sich vorgestellt habe: „Man braucht aber dennoch viel Lerndisziplin und muss auch zu Hause noch reichlich Zeit in das Fach investieren.“

Eine Aussage, die Lina bestätigen kann: „Wer Chinesisch am Anfang der 10. Klasse wählt, um ein Fach zum Chillen zu haben, wird es vor dem Eintritt in die Qualifikationsphase sicher wieder abwählen.“ Es stünden einfach zu viele Schriftzeichen auf dem Lehrplan, „um sich bequem zurückzulehnen“. Weshalb über die Einführungsphase hinaus auch „tendenziell nur diejenigen am Ball bleiben, die an Chinesisch ein echtes Interesse haben“.

Das sind nach Angaben von Chinesischlehrer Michael Czernik, der das Fach seit zwei Jahren an der EMA unterrichtet und es zuvor unter anderem an der Ruhr-Universität Bochum studiert hat, „interessanterweise nicht mehr Mädchen als Jungen, obwohl man davon ausgeht, dass Mädchen Fremdsprachen eher mögen“. In seinem Unterricht habe er bisher aber „auch viele Jungen gehabt, die mündlich sehr aktiv waren und sich bei Unterrichtsbeiträgen nicht genierten, laut und deutlich auf Chinesisch zu sprechen“. Diese Einstellung sei wichtig: „Es geht ja nicht bloß darum, ein paar Schriftzeichen zu vermitteln und die Fähigkeit, nach dem Weg zu fragen.“ Die Fachschaft Chinesisch, die sich in Remscheid aus jeweils einer Lehrkraft pro Gymnasium zusammensetzt, wolle mehr erreichen: „Die Schüler sollen unter anderem die Fähigkeit zum Perspektivwechsel entwickeln sowie interkulturelle Kompetenzen, die später im Berufsleben und in der Diplomatie für erfolgreiche Kommunikation unentbehrlich sind.“

Darüber hinaus würden im Unterricht „viele Themen angesprochen, die mit Politik zu tun haben“. Czernik, der während seines Studiums wiederholt für mehrere Monate in Peking war, nennt als Beispiele die Ein-Kind-Politik oder „die politische Öffnung Chinas, die zu einem veränderten Reiseverhalten geführt hat“. Was das sprachliche Niveau zum Zeitpunkt des Abiturs angehe, sei es Ziel, „dass die Schüler bis dahin alltägliche Situationen bewältigen können und die Fähigkeit zur Teilhabe an gesellschaftlichen Diskussionen erlangt haben“. Hierzu werde im Unterricht etwa über die Geburtenplanung der Volksrepublik China diskutiert oder der Leistungsdruck in deutschen und chinesischen Oberstufen angesprochen. Nicht festlegen will sich Czernik bei der Anzahl der Schriftzeichen, die die Schüler bis zum Abitur gelernt haben sollten: „Das ist sehr individuell. Jeder Schüler sollte aber mindestens 300 Schriftzeichen kennen.“ Die schriftlichen Fähigkeiten seien keineswegs an die mündlichen gekoppelt: „Man muss nicht all das, was man sagen kann, in Schriftzeichen aufschreiben können.“ Chinesisch-Schüler sollten vor allen Dingen „den Mut haben, drauf los zu sprechen“.

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