Remscheid Vom eigenen Geld leben können

Remscheid · Für Adrian Hernandez gibt es auf Gran Canaria keine Arbeit. Er hätte bei seinen Eltern leben müssen. Nun arbeitet er bei Aldi an der Kasse.

 Adrian Hernandez (32) hat bei Aldi einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Adrian Hernandez (32) hat bei Aldi einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

In Remscheid arbeiten viele Menschen aus aller Herren Länder. Junge Spanier sind nur wenige darunter. Der Aldi-Kassierer Adrian Hernandez ist einer von ihnen.

Adrian Hernandez hat einen Job, von dem viele junge Spanier träumen: Der 32-jährige Kanare arbeitet seit Februar des vorigen Jahres mit einem unbefristeten Vertrag für den Discounter Aldi Nord an der Kasse in verschiedenen Remscheider Märkten. Hernandez freut sich, dass er mit dieser Tätigkeit genug verdient, „um nicht wie mein Zwillingsbruder auf Gran Canaria weiter im Elternhaus leben zu müssen“. Denn trotz der engen Familienverbundenheit gebe es „ein Alter, in dem man auch mal eine eigene Familie gründen und unabhängig leben möchte“.

In Deutschland sei das bei Menschen über 30 vielleicht eine Selbstverständlichkeit. Auf Gran Canaria, wo er aufgewachsen ist und die Universität besucht hat, jedoch nicht: „Ich habe in meiner Heimat einen großen Bekanntenkreis mit Menschen in meinem Alter. Aber nur ein einziges Pärchen hat ein Kind.“ Das habe hauptsächlich etwas mit der hohen Arbeitslosigkeit der jungen Leute und einer Vielzahl niedrig qualifizierter Jobs zu tun: „Wäre ich weiter auf Gran Canaria, wäre ich jetzt Animateur in einem Hotel oder Kellner.“

Zwar übe er aktuell auch bei Aldi eine Tätigkeit aus, für die er als studierter Kaufmann für Marketing und Kommunikation auf den ersten Blick überqualifiziert erscheint. Doch dies sei eben nur die deutsche Perspektive: „Für mich zählt, dass ich eine eigene Wohnung bezahlen und von meinem Gehalt gut leben kann.“

Eben das habe ihm die Stelle bei dem Discounter ermöglicht. Wobei es weitaus mehr gebe, was ihm gefalle: „Ich finde es total spannend, dass in den Aldi-Märkten Menschen aus ganz vielen Nationen arbeiten.“ Nach Angaben seines Chefs Nicolai Becker (35), der als Regionalverkaufsleiter bei der Aldi-Regionalgesellschaft Radevormwald auch für die Remscheider Märkte verantwortlich ist, ist Hernandez jedoch sein einziger spanischer Kollege. Ihn im Team zu haben, sei auf jeden Fall eine Bereicherung. Denn Hernandez habe „eindeutig etwas von der iberischen Fröhlichkeit und Freundlichkeit in die Märkte hineingetragen“.

Das habe sogar zu positiven Kundenanrufen geführt. Was ungewöhnlich sei, „weil unsere Kunden tendenziell eher anrufen, wenn sie einen Anlass für eine Beschwerde sehen“. Ob sich die Menschen in Deutschland hierbei so manches Mal zu schnell beschweren, mag Adrian Hernandez nicht beurteilen: „Ich würde mir aber wünschen, dass die Leute in Remscheid mehr Mut zum Lachen haben.“ Dass so wenig gelacht werde, liege seinem Eindruck nach an dem schlechten Wetter: „Auf Gran Canaria gibt es über 300 Sonnentage im Jahr. Da fällt es einem Menschen natürlich viel leichter zu lachen.“

Dann gibt er zu, dass auch er durchaus ein Problem mit dem nassen grauen Klima hat. „Darüber jammern will ich aber auf keinen Fall. Denn wer jammert, sollte in seine Heimat zurückgehen.“ Das sage er auch Landsleuten, die er sporadisch in Remscheid treffe. Wenn er bei dieser Gelegenheit höre, dass es in Spanien viel schöner sei, sage er immer: „Dann musst Du eben in Spanien auf die Suche nach Arbeit gehen.“

Er selbst wolle auf jeden Fall in Remscheid bleiben, was nicht nur an dem unbefristeten Arbeitsvertrag liege, sondern auch an einer privaten Beziehung. Bleiben wolle er aber auch, „um weiter meine Deutschkenntnisse zu verbessern“. Wenn dabei zwischendurch dann doch die Sehnsucht nach Spanien auftrete, gebe es zum Trost einen Serrano-Schinken, einen Vino Blanco oder einen Tinto aus dem Sortiment von Aldi.

Was alles andere als ein schwacher Trost sei. „Alle spanischen Produkte, die ich bisher aus dem Aldi-Sortiment probiert haben, waren richtig lecker“, sagt er. Vor allem die Sangria sei sehr gut: „Die habe ich meiner deutschen Freundin serviert und ihr erzählt, dass ich sie selbst gemacht habe. Sie hat es mir sogar geglaubt.“

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