Remscheid Rat wählt Jürgen Müller ab

Remscheid · 41 Politiker haben gestern den Stadtdirektor aus dem Amt gekippt. Eine geheime Abstimmung kam nicht zustande. Auch der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes wurde in der Sondersitzung abberufen.

Knapp, aber klar: Mit 41 Stimmen wurde Stadtdirektor Jürgen Müller (CDU) gestern in einer Sondersitzung des Rates abgewählt. Zehn Ratsmitglieder, darunter drei von der Wählergemeinschaft, stimmten in namentlicher Abstimmung gegen die Abwahl. Oberbürgermeisterin Beate Wilding (SPD) enthielt sich der Stimme. Wegen Krankheit oder Urlaub fehlten gestern sieben Ratsmitglieder.

Die für eine Abwahl nötige Zweidrittel-Mehrheit lag bei 40 Stimmen. Mitte März hatten 47 Ratsmitglieder einen Antrag auf Abwahl Müllers unterschrieben. Zwei von ihnen (Wieland Gühne und Angelika Heinzel, beide W.i.R.) machten gestern durch ihr Stimmverhalten klar, dass sie ihre Meinung geändert haben.

Keine geheime Abstimmung

Zuvor hatte Waltraud Bodenstedt (W.i.R) erfolglos eine geheime Abstimmung gefordert. Nur so sei für alle Ratsmitglieder eine freie Gewissenentscheidung ohne Fraktionsdruck möglich, argumentierte sie. Da nur acht (drei von der W.i.R., fünf von der CDU) statt der nötigen zwölf Ratsmitglieder für diesen Vorschlag stimmten, kam es zur namentlichen Abstimmung, die die SPD gefordert hatte.

Eine erneute Aussprache gab es nicht. So war nur wenige Minuten nach dem Beginn der Sitzung im überfüllten Ratssaal die Amtszeit von Jürgen Müller vorzeitig beendet. Im Jahre 2005 war er noch mit breiter Mehrheit für acht Jahre im Amt bestätigt worden. Müller war 19 Jahre als Dezernent bei der Stadt Remscheid. Er geht nun in den vorzeitigen Ruhestand. Ein Headhunter soll seinen Nachfolger finden.

SPD-Fraktionschef Hans Peter Meinecke machte nach der Abstimmung noch einmal klar, dass das zerrüttete Vertrauensverhältnis des Rates zum Stadtdirektor der Grund für die Abwahl sei. Müller werde nicht wegen der Millionen-Verluste aus Zinsgeschäften abgewählt.

CDU-Fraktionschef Karl Heinz Humpert zeigte sich nach der Abstimmung "zufrieden, dass es so gelaufen ist". Nach einer Probeabstimmung am Montagabend in der CDU sei ihm klar gewesen, dass es zu keiner geheimen Abstimmung kommen werde. "Wir müssen uns jetzt zusammenraufen", gab er sich im Gespräch mit der BM zuversichtlich, dass die Fraktion an dieser sehr umstrittenen Personalie nicht zerbrechen werde.

Mit klarer Mehrheit (acht Gegenstimmen, eine Enthaltung) wurde in der Sitzung auch der Leiter des Rechnungsprüfungamtes, Karl-Bernhard Wiedenhoff, aus seinem Amt gewählt. Der Rat wirft ihm ebenfalls Vertrauensbruch vor, weil er die Politik über die Millionen-Zahlungen für die missglückten Zinswetten nicht informiert hatte.

Jürgen Müller erfuhr telefonisch von seiner Abwahl. Er soll während der Sitzung in Lennep spazieren gegangen sein.

(RP)
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