Remscheider vor Gericht Prozess geht in die Verlängerung

Remscheid/Wuppertal · Einige Einblicke in die Lebensrealität des Angeklagten und des Opfers überraschten. Nun muss neu überlegt und das Opfer zum dritten Mal in den Zeugenstand geladen werden.

Auf das Gericht wartet noch viel Arbeit.

Auf das Gericht wartet noch viel Arbeit.

Foto: dpa/Oliver Berg

Liebeserklärungen? Und das gegenseitig, zwischen Angeklagtem und Opfer? Sowas erlebt man vielleicht in einer Seifenoper im Fernsehen, aber nur selten im Gerichtssaal. Das dann auch noch von Heiratsabsichten gesprochen worden sein soll, wenn der Prozess vorbei ist? Und davon, dass es ein ungeborenes Kind gegeben haben soll, das abgetrieben wurde? Derartige Einblicke in die Lebensrealität des Angeklagten und des Opfers kamen auch für den Richter überraschend. Nun muss neu überlegt und das Opfer zum dritten Mal in den Zeugenstand geladen werden.

Statt der Urteilsverkündung geht der Prozess gegen einen Syrer, der sich vor dem Wuppertaler Landgericht wegen versuchter räuberischer Erpressung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu verantworten hat, in die Verlängerung. Die Rolle der wegen Beihilfe Mitangeklagten Nachbarin des Mannes blieb bislang noch im Dunkeln, auch darüber wird wohl noch gesprochen werden müssen.

Schon zu Prozessbeginn war durchgedrungen, dass die Liebesbeziehung zwischen Täter und Opfer noch nicht beendet sein könnte. Die Frau soll dem Mann unter anderem Geld in die Justizvollzugsanstalt überwiesen haben, in der er derzeit in Untersuchungshaft sitzt. Dass sie etliche der schweren Vorwürfe längst nicht mehr so sieht, wie noch vor Monaten auf der Polizeiwache geschildert? Das war durchaus aufgefallen, aber es ist auch nicht gänzlich unüblich. Aus der Bedrohung mit dem Messer, um sie in die Wohnung zu zwingen, war zwischenzeitlich ein Drängen ohne Messer geworden. Dass der Angeklagte ihre Kleidung angezündet haben soll? Daran könne sie sich nicht mehr so genau erinnern. Die Schläge mit dem Gürtel und einem Bügel sind nicht wegzudiskutieren – davon gibt es Fotos.

Aber der Grund dafür scheint ein gänzlich anderer gewesen zu sein als bislang angenommen: Der Angeklagte hatte dem Opfer ein sexuelles Verhältnis zu einem Friseur unterstellt, bei dem er selbst gearbeitet haben soll. Der wiederum war als Zeuge geladen und berichtete davon, dass das Opfer bei ihm angerufen habe, um 10.000 Euro von ihm zu erpressen. Warum? Hatte es möglicherweise zwischen beiden eine Affäre gegeben, die der Friseur bislang abstreitet? Bislang war in der Anklage zu lesen, dass der Angeklagte die 10.000 Euro vom Opfer gefordert haben soll. Was nun bekannt wurde, hört sich anders an. Auf das Gericht wartet noch viel Arbeit.

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