Altschulden in Remscheid Mast-Weisz ist von Berlin „maßlos enttäuscht“

Remscheid · Eine Entlastung bei den Kosten der Unterbringung für Transferleistungsempfänger und die Einrichtung eines Altschuldenfonds sind nicht in Sicht. Das verärgert die Stadtspitze. Der Bürger bleibe auf der Strecke.

 Rund 50 Bürgermeister des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ standen im Februar 2015 vor dem Bundestag in Berlin. Auch Remscheids Kämmerer Sven Wiertz war dabei (r.).

Rund 50 Bürgermeister des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ standen im Februar 2015 vor dem Bundestag in Berlin. Auch Remscheids Kämmerer Sven Wiertz war dabei (r.).

Foto: dpa/Bernd Von Jutrczenka

Wenn die Europäische Zentralbank wieder die Zinsen erhöhen sollte, bekommt Remscheid ein gravierendes Problem. Für die 560 Millionen Euro an Kassenkrediten muss die Stadt mehr Geld für die Schuldentilgung bezahlen. Das bedeutet, im Haushalt entsteht ein Loch von 5,6 Millionen Euro im Jahr.

Geld, das nicht vorhanden ist. Um sich gegen das Risiko der steigenden Zinsbelastung abzusichern, drängen seit Jahren strukturschwache Kommunen wie Remscheid auf einen sogenannten Altschuldenfonds. Dessen Grundidee lautet, der Bund managt die Zinslasten, und die Kommunen zahlen langfristig zurück, ohne dass ihr Haushalt explodiert. Doch mit diesem Vorschlag finden die Kommunen bei der Bundesregierung kein Gehör. Das zeigt sich an dem jüngst veröffentlichten Bericht zu den „gleichwertigen Lebensverhältnissen“ in der Bundesrepublik. „Wir sind maßlos enttäuscht“, sagt Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz.

Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“, das vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde. Oberbürgermeister und Kämmerer der finanzschwachen Städte beklagen, dass der Bund Gesetze beschließt, die vor allem die Kommunen im Strukturwandel finanziell überfordern. Stichwort: Fond Deutsche Einheit. Um den Solidaritätszuschlag zu bezahlen, musste Remscheid Kredite aufnehmen. Bei einer trotz guter Konjunktur immer noch hohen Sockelarbeitslosigkeit steigen die Kosten der Unterkunft für Transferhilfeempfänger. An einem Drittel der Kosten beteiligt sich der Bund. Die Städte fordern 75 Prozent. „Dann hätten wir elf Millionen Euro mehr im Haushalt“, sagt Kämmerer Sven Wiertz. Elf Millionen, die für notwendige Investitionen in Gebäude, Straßen und Projekte dringend benötigt werden.

OB Mast-Weisz beklagt, wie die Ungleichheit der Lebensverhältnisse innerhalb eines Umkreises von 40 Kilometern immer weiter zunehme. In Düsseldorf entfällt der Beitrag für die Kindergärten. In Remscheid müssen Eltern zahlen. In Monheim können alle Bürger bald kostenfrei mit dem Bus fahren. Remscheid hat Mühe, das Angebot aufrechtzuerhalten. Bei dieser Politik des Bundes bleibe der Bürger auf der Strecke.

Als Banken in die Krise gerieten, hat man viel Geld ausgegeben, um sie zu retten. Kommunen, die unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten gerieten, bekämen keine auskömmliche Hilfe. „Sind Kommunen nicht systemrelevant?“, fragt OB Mast-Weisz. Grundlage für Berechnung der Entlastung der Gemeinden durch den Bund bildet der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer. Für Wiertz ein völlig absurder Maßstab. Gelsenkirchen hat mit 22 Prozent die höchste Mindestsicherungsquote. Je Einwohner werden 29 Euro bezahlt. Gemeinden im Landkreis München haben eine Mindestsicherungsquote von 3,8 Prozent. Je Einwohner erhalten sie 59 Euro. Dieser Umverteilungsmechanismus konterkariere die Lebensverhältnisse.

In den vergangenen Jahren hat Remscheid seinen Schuldenberg von 625 Millionen Euro auf 560 Millionen Euro zurückgefahren. „Wir haben unter großen Anstrengungen gespart“, sagte Mast-Weisz. Er erwartet von der Berliner Politik Beschlüsse für eine dauerhafte Entlastung: „Wir werden weiter trommeln und lassen nicht zu, dass Berlin sich aus der Verantwortung stiehlt.“

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