Remscheid Nicht nur junge Christen treten aus der Kirche aus

Remscheid · Von 343 Gemeindemitgliedern, die von Januar bis September den Kirchenkreis Lennep verließen, sind 73 zwischen 50 und 60 Jahre alt.

Auf dem Gebiet des Kirchenkreises Lennep sind in diesem Jahr 343 Mitglieder im Zeitraum 1. Januar bis 2. September aus der Evangelischen Kirche ausgetreten. 184 Männer und 159 Frauen kehrten ihrer Kirche den Rücken. Mit 102 Personen bildet die Gruppe der 21- bis 30-Jährigen den größten Anteil. Doch auch im Alter zwischen 50 und 60 denken offenkundig viele Menschen noch einmal um. 73 Austritte verzeichnet der Kirchenkreis in dieser Altersgruppe.

"In den 18 Kirchengemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Lennep sind die Austrittszahlen unterschiedlich", berichtet Ingo Klein, Öffentlichkeitsreferent des Kirchenkreises, auf Nachfrage der BM. Die Zahl aller Ausstritte liege etwas unter der des Vorjahres für den gleichen Zeitraum. Da der Kirchenaustritt gegenüber dem zuständigen Amtsgericht erklärt wird, bleiben die Gründe meistens im Verborgenen. Was die Menschen bewegt, diesen Schritt zu tun, kommt eher zufällig zur Sprache oder dann, wenn sich manche von ihnen zum Wiedereintritt entschließen.

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass bei jüngeren, im Berufsleben stehenden Kirchenmitgliedern die Kirchensteuer eine Rolle spielt. Warum aber fasst die Generation Ü50 oder Ü60 wohl diesen Entschluss? Pfarrer i.R. Friedhelm Krämer, der die Wiedereintrittsstelle des Kirchenkreises betreut, erfährt mitunter in Gesprächen, dass es heißt: "Meine Kirche tut ja nichts für mich." "Den Kirchengemeinden gelingt es offensichtlich nicht, eine Bindung zu schaffen oder zu halten", glaubt er. Dabei sind doch die Kirchengemeinden in der Seniorenarbeit sehr rege. "Offenbar erreichen diese Aktivitäten aber nur eine ganz bestimmte Zielgruppe", vermutet der Theologe. In Zeiten, in denen die Kirchen sehr mit Umstrukturierungsprozessen beschäftigt sind und sich auch Sparzwängen stellen müssen, sei die Gemeindearbeit zunehmend eine Herausforderung, merkt er kritisch an. Bislang sei die Gesamtmenge der Kirchensteuer nicht zurückgegangen. Die Sorge, dass dies aber bedingt durch den demografischen Wandel passieren werde, sei groß. "Insgesamt ist die Zahl natürlich bedauerlich hoch und wird wohl auch durch die Eintritte nicht annähernd ausgeglichen", sagt Referent Klein zur Austrittsstatistik des Evangelischen Kirchenkreises. Die Entscheidung, ein- oder auszutreten, treffe jeder für sich. Die Aufgabe aller Gemeindeglieder sei es, überzeugende Gründe für die evangelische Gemeinden und das Gemeindeleben zu geben.

Das Katholische Stadtdekanat führt keine Statistik über die Austritte, kann in diesem Jahr daher auch keine Tendenz feststellen. "Von den meisten kennen wir die Motivation nicht", sagt Stadtdechant Monsignore Thomas Kaster. Es sei selten, dass sich jemand zu den Gründen äußere. Wenn Menschen sich für den Wiedereintritt entscheiden, hört Pfarramtssekretärin Christa Gläser manchmal, warum sie früher ausgetreten sind. In jungen Jahren sei das Motiv demnach tatsächlich oft die Kirchensteuer, die man sich sparen wolle, nicht aber der fehlende Glaube.

(bona)
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