Remscheid Nah bei den Menschen
Remscheid · Als 23-Jähriger schaffte es Sven Wolf (SPD) auf Anhieb in den Remscheider Stadtrat, als 34-Jähriger möchte er das Direktmandat bei der Landtagswahl holen. Fest verwurzelt in Remscheid, lernt er die Stadt und ihre Menschen im Wahlkampf noch einmal ganz neu kennen.
Erinnern Sie sich noch an die Buskaps? Ende der 90er Jahre diskutierte Remscheid heiß darüber, ob an Bushaltestellen so genannte Buskaps in die Straße hineingebaut werden sollten – das schafft Sicherheit für die aussteigenden Fahrgäste, lässt Autofahrer aber warten. Ein junger Mann meldete sich damals freiwillig als Teilnehmer für eine Podiumsdiskussion, weil er die Buskaps gut fand. Als der Jurastudent namens Sven Wolf feststellte, dass seine Position der der SPD entsprach, knüpfte er Kontakt zu den Sozialdemokraten – und blieb.
Für die Gemeinschaftsschule
Wenig später wurde er als zu dieser Zeit jüngstes Mitglied in den Stadtrat gewählt, am 9. Mai will Wolf, inzwischen 34 Jahre alt, in den Landtag. "Ich möchte Remscheids Interessenvertreter in Düsseldorf sein", hat er den SPD-Ortsvereinen gesagt. Die großen Themen der NRW-SPD sind auch seine: Entlastung bei den Kommunalfinanzen, eine Kehrtwende in der Bildungspolitik hin zur Gemeinschaftsschule, gerechtere Arbeit. "Es kann nicht sein, dass jemand arbeitet und trotzdem zum Sozialamt muss", sagt Wolf. In seiner Arbeit als Insolvenzanwalt hat er täglich mit Menschen zu tun, denen die persönliche Finanzlage entglitten ist.
Dass man Menschen schon mit kleinen Dingen unmittelbar helfen kann, gefällt ihm – in seinem Beruf genauso wie in der Politik. "Vor einer falschen Entscheidung kann man sich nicht verstecken, da wird man auch schon mal im Supermarkt angesprochen", erzählt Wolf.
Im Moment sucht er selbst das Gespräch. Obwohl Wolf Remscheider mit Leib und Seele ist, viele Menschen und Ecken in der Stadt kennt, die er Heimat nennt und auf die er stolz ist, "weil sie so viel erreicht hat", lernt er die Stadt und ihre Bewohner gerade noch einmal von ganz anderen Seiten kennen. Im Rahmen des Wahlkampfs tourt er durch die Stadtteile, spricht mit den Remscheidern und hört sich ihre Alltagsprobleme an. "Viele tolle Gespräche", twittert er nach acht Stunden am Honsberg über den SMS-Nachrichtendienst. Internetseite, Twitter, ein Auftritt bei Facebook – das gehört für den 34-Jährigen bei einem Wahlkampf im Jahr 2010 dazu.
Dass er bei der Landtagswahl ausgerechnet gegen eine Ministerin antritt, empfindet Sven Wolf als Herausforderung, er sieht sich aber keineswegs chancenlos. Und egal, wie die Wahl ausgehe: "Ich werde mit viel Spaß nach Düsseldorf gehen oder hier weiter in der Kanzlei arbeiten." Eigentlich hat ihm sein Wahlkampfteam das Wort "Spaß" verboten. Doch er steht dazu: "Politik muss eine emotionale Resonanz erzeugen."
Intensiv sein eben – wie das ganze Leben. Das ist ihm nach einer schweren Krankheit vor zwei Jahren besonders bewusst geworden, bei der er um sein Leben kämpfen musste. "Seitdem sehe ich das Leben anders, kann auch Kleinigkeiten genießen." Einen schönen Theaterabend, ein Treffen mit guten Freunden, ein Nachmittag mit seinen Nichten und Neffen oder einfach nur den Sonnenschein. Wenn es nach dem Wetter ginge, müsste er eigentlich woanders leben – Urlaub bucht Sven Wolf in der Regel in Regionen mit Sonnengarantie. Aber Remscheid ganz den Rücken kehren? Zu viel würde ihm fehlen, der Wald, die Talsperren, die Menschen. "Ich bin hier fest verwurzelt", sagt Wolf.