Remscheid Missbrauchsprozess - Berufung könnte mit höherer Strafe enden

Remscheid · Im Berufungsverfahren um Kindesmissbrauch auf einer CVJM-Jugendfreizeit wies der Richter den Angeklagten zum Start auf Risiken hin. Ohne Wirkung.

Im letzten März verurteilte das Remscheider Amtsgericht den Betreuer einer Jugendfreizeit des CVJM Lüttringhausen wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Kindesmissbrauch zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren und vier Monaten. Weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt war, machte das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch, das Jugendstrafrecht anzuwenden.

Sowohl der Beschuldigte als auch die Staatsanwaltschaft legten gegen das Urteil Berufung ein, das Verfahren wurde gestern am Landgericht Wuppertal eröffnet. Wie in der ersten Instanz bestritt der Remscheider die Vorwürfe, wollte sich aber weiter nicht darauf einlassen. Ihm wird zur Last gelegt, eine damals 13-jährige Teilnehmerin der Freizeit in seinem Zimmer und bei verschlossener Tür bedrängt und zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben. Danach soll es einige Stunden später erneut zu sexuellen Handlungen mit der Minderjährigen gekommen sein.

Der Vorsitzende Richter machte dem jungen Mann sehr eindringlich und behutsam seine Situation klar. Dies sei ein Gebot der Fairness, habe der bislang unbescholtene heute knapp 22-Jährige noch nie mit einem Gericht zu tun gehabt. Vor diesem Hintergrund müsse er wissen, wo die Chancen und die Risiken für ihn lägen. "Sie sind der einzige in diesem Raum, der weiß, was war", wandte er sich an den Angeklagten. Er müsse sich die Frage stellen, wie das Verfahren für ihn ausgehen könnte. Es könne sein, dass man zu dem Schluss komme, dass er unschuldig sei. Sollte sich der Anklagevorwurf jedoch bestätigen, werde das Strafmaß möglicherweise noch höher ausfallen, zumal die Staatsanwaltschaft die Anwendung des Erwachsenenstrafrechtes fordere.

Denn die Tatvorwürfe seien schwerwiegend. Selbst wenn man zum Schluss kommen sollte, dass keine Gewalt stattgefunden hat, gebe es laut Aktenlage doch deutliche Hinweise, "dass irgendwas gewesen sein muss."

Damit bliebe immer noch der Tatvorwurf der sexuellen Handlung mit einer Minderjährigen, für den die erlassene Freiheitsstrafe sicherlich ein angemessenes Strafmaß sei. Der Staatsanwalt, der auch bei der Hauptverhandlung in Remscheid schon Vertreter der Anklage war, erklärte seine Bereitschaft, die Berufung zurückzuziehen, sollte der Beschuldigte das erste Urteil akzeptieren. Dieses Angebot mache er auch, um dem jungen Mann die "Zukunft nicht vollständig zu verbauen."

Für den Staatsanwalt war die damalige Entscheidung in der Sache richtig. "Und ich bin zu 95 Prozent überzeugt, dass auch dieses Gericht so urteilen wird, wie das Amtsgericht in Remscheid." Die Anwälte des Beschuldigten indes sagten, dass das erste Urteil bestimmte Dinge aus der Beweisaufnahme schlichtweg ignoriert habe. Auch kritisierten sie handschriftliche Vermerke, die nachträglich ins Verhandlungsprotokoll aufgenommen worden seien.

Nach kurzer Rücksprache mit ihrem Mandanten hielt er an der Berufung fest. Somit wird die Beweisaufnahme erneut aufgerollt. Als Hauptbelastungszeugin wurde das heute 15-Jährige, mutmaßliche Vergewaltigungsopfer unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen, damit ihre schutzwürdigen Interessen gewahrt bleiben.

(bona)
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