Remscheid Maskenspiel um wahre Mutterliebe

Remscheid · Mit einer temporeichen Inszenierung von Brechts "Kaukasischem Kreidekreis" überzeugte das Stadttheater Amberg. Jennifer Lorenz war eine zögernde, aber doch beherzte Dienstmagd, die sich der Obrigkeit furchtlos entgegenstellt.

 Szene aus der Inszenierung "Der Kaukasische Kreidekreis", die im Teo Otto Theater zu sehen war.

Szene aus der Inszenierung "Der Kaukasische Kreidekreis", die im Teo Otto Theater zu sehen war.

Foto: Theater

Mit großem Unterhaltungswert zeigte das Euro-Studio Landgraf Bertolt Brechts Bühnenklassiker "Der Kaukasische Kreidekreis". Für die im Stadttheater Amberg erarbeitete Inszenierung von Peter Bause, der die Rollen des Sängers Arkadi und die des Richters Azdak verkörperte, gab es am Sonntagabend im Teo Otto Theater langanhaltenden Applaus.

Ein großer Vorzug der Aufführung war ihr hohes Tempo und der nahtlose Szenenwechsel, der nicht zuletzt durch einen geschickten Kulissenbau ermöglicht wurde. Trotz der typischen Überlagerung der Szenen und der Perspektivwechsel, riss der Handlungsfaden nicht, und die Geschichte um die Magd Grusche, die das Kind ihrer Herrscherfamilie vor Verfolgung rettet, bot genügend Spannung, auch wenn sie inhaltlich bekannt ist.

Nach der Hinrichtung des Gouverneurs Abaschwili nimmt seine exzentrische Frau Natella reißaus, ohne sich um Michel, den gemeinsamen Sohn, zu kümmern. Grusche nimmt sich des Jungen an und bringt ihn unter großen Gefahren sicher zum Haus ihres Bruders in den Bergen. Um der ledigen Frau die Schande eines vermeintlich unehelichen Kindes zu ersparen, heiratet sie den sterbenskranken Bauern Jussup, der sich direkt nach der Eheschließung jedoch als kerngesund entpuppt.

Somit gerät Grusche nach Ende des Krieges in einen Konflikt mit ihrem Verlobten Simon, der sie nun heiraten will. Die Entscheidung über den Verbleib des kleinen Michel trifft Dorfschreiber Azdak, der ohne Kenntnisse der Rechtskunde nach eigenem Gutdünken urteilt. Im Streit um das Kind trifft er ein salomonisch-weises Urteil, lässt einen Kreis auf den Boden zeichnen, in den der Junge treten muss. Während Natella ihn mit aller Kraft zu sich zieht, lässt Grusche sofort seinen Arm los. Mutterliebe zeigt sich dort, wo Egoismus hinter dem Kindswohl zurücktritt.

Mit Ausnahme der zentralen Figuren Grusche, Simon und Azdak hielt das Ensemble an Brechts Vorgabe fest, die einzelnen Darsteller mit Masken auszustatten. So erhalten Herrschende, Täter und Mitläufer ein anonymisiertes, verfremdetes Gesicht. Jennifer Lorenz war eine mitunter zögernde, aber dann doch beherzte Dienstmagd, die sich der Obrigkeit furchtlos entgegenstellt. Peter Bause konnte seine große Erfahrung als Bühnen- und Filmschauspieler in die Waagschale werfen und war als Dorfrichter, der dem Alkohol lieber zuspricht als der Rechtsprechung, absolut überzeugend. In besonderer Weise zu gefallen wusste weiterhin Hellena Büttner als eitle, selbstverliebte und gewissenlose Natella. Akkordeonspieler Clemens Bernhard Winter kommentierte das Spiel mit den Mitteln der Musik. Insgesamt bot das Ensemble eine homogene Leistung und zog damit das Publikum sichtlich in seinen Bann. Derart kurzweilig dargeboten ist Sprechtheater auch für die junge Generation eine Option für gute Unterhaltung.

(bona)
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