Bestattungen Letzte Ruhe unter Bäumen

Remscheid · Seit 2004 gibt es den Begräbniswald Im Kempkenholz.Immer mehr Menschen wählen diese Bestattungsform.

 Der Eingangsbereich zum Begräbniswald Im Kempkenholz in Remscheider Norden.

Der Eingangsbereich zum Begräbniswald Im Kempkenholz in Remscheider Norden.

Foto: Röser, Henning

Angenehm kühl ist es an diesem heißen Sommertag unter dem Blätterdach im Waldstück nahe der Falknerei Bergisch Land an der Stadtgrenze nach Wuppertal-Rondorf. Das Sonnenlicht fällt in schmalen Streifen durch die dicht belaubten Äste. Vogelgezwitscher begleitet die Schritte. Hektische Städter kommen hier schnell zur Ruhe.

Nur ein großes Holzkreuz im Eingangsbereich lässt zunächst erahnen, dass das 12 Hektar große, offene und nicht eingezäunte Areal eine letzte Ruhestätte ist. Im Begräbniswald Im Kempkenholz können sich Menschen einen Baum aussuchen. unter dem sie oder ihre Angehörigen begraben werden wollen. Die Zahl derjenigen, die diese Form der Bestattung wünschen, wächst seit Jahren stetig an. „In diesem Jahr werden wir erstmals mehr als 100 Bestattungen haben“, sagt Jürgen Kampschulte, Friedhofsmeister der Technischen Betriebe (TBR). Wer zu Lebzeiten gerne in der Natur unterwegs war, findet Trost in dem Gedanken, unter einem Baum Frieden zu finden.

1994 schenkte eine wohlhabende Remscheider Familie der Stadt das Waldstück an der Grüne. Seit 2004 wird es als Begräbniswald genutzt. Der Besucher erkennt das allerdings nur beim genauem Hinsehen. Kleine Metalschilder mit einer Nummer markieren die für diesen Zweck ausgewählten Bäume. Sie erleichtern es auch den Angehörigen, die Ruhestätte bei Besuchen wiederzufinden. Die Bäume sind über das ganze Areal verstreut.

Denn anders als auf Friedhöfen gibt es an diesem Ort keinen Grabschmuck, keine Steine, auf denen ein Name steht. Die Asche der Verstorbenen wird in einem aufgehoben Loch im Wurzelwerk unter dem Baum verstreut. Auch eine Urne kann dort eingegraben werden, sie muss sich aber zersetzen. Der naturnahe Gedanke des Begräbniswaldes sieht vor, dass der Mensch wieder Teil der Natur wird.

Zunächst wurden Bestattungsbäume nur an Familien verkauft. Vier Aschen können dort bestattet werden. Das Nutzungsrecht beträgt 50 Jahre. Seit zwei Jahren gibt es aber auch Gemeinschaftsbäume im Kempkenholz, in denen nach dem Uhrzeigersinn geordnet jeweils zwölf Menschen ihre letzte Ruhe finden können. Das ist auch eine Reaktion auf die zunehmende Vereinzelung in der Gesellschaft.

Jürgen Kampschulte zeigt auf eine rund 80 Jahre alte Eiche, die etwas abseits des Weges steht. Nur das kleine Schild am Stamm weist darauf hin, dass hier Menschen bestattet wurden, am Boden keine Spur. Die Bäume, die für die Bestattung infrage kommen, werden mit Bedacht ausgesucht. Sie sollen gesund sein und ausreichend Platz haben, um die nächsten 50 oder mehr Jahre zu überdauern. Möglicherweise möchte die Familie das Nutzungsrecht verlängern. Die Nutzer können sich einen der dafür in Frage kommenden Bäume aussuchen. Eine Stunde dauert im Schnitt die Führung durch das Areal, bei der Kampschulte alles Wichtige zu dieser Bestattungsform erklärt. So viel Zeit müsse sein, um alle wichtigen Dinge zu klären. Etwa, dass eine Umbettung bei dieser Form der Bestattung nicht möglich ist.

Neben typischen Bäumen wie Hainbuche oder Eiche finden sich auch ein Mammutbaum und ein Japanischer Ahorn. Die früheren Besitzer hatten diese Exoten nach Remscheid geholt. Sie tragen bei zu einem besonderen Stück Natur, dass nicht wie ein „durchgefegter Wald“ wirkt, sondern wie ein lebendiger Mischwald mit Unterholz und Kleintieren, die sich hier tummeln.

 Baum im Begräbniswald Kempkenholz Kleines Schild mit Nummer als Hinweis

Baum im Begräbniswald Kempkenholz Kleines Schild mit Nummer als Hinweis

Foto: Röser, Henning

Zwei mal in vierzehn Jahren musste ein Bestattungsbaum vor Ablauf der Nutzungsdauer gefällt werden. Die Nutzer werden dann angeschrieben. Es wird geklärt, welcher Ersatzbaum gesetzt wird. Auch wenn die Bestattungsbäume im Wald nicht auffallen, sind sie doch bei den TBR genau kartiert. Per Satellit werden ihre Positionen eingemessen, sagt Abteilungsleiter Oliver Jilg. So können sie auch nach Jahrzehnten gefunden werden.

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