Remscheider vor Gericht Scherenangriff - Zu viele Ausraster bringen Haft

Remscheid/Wuppertal · Schon früh geriet der 21-jährige Remscheider auf die schiefe Bahn und wurde auch gewalttätig. Immer mehr und brutalere Ausraster führten nun zu einer Haftstrafe.

Bereits die Startbedingungen waren unglücklich. Im Alter von neun Jahren blieb der jetzt 21-jährige Remscheider mit zwei Geschwistern bei der Mutter in Remscheid zurück als der Vater auszog. Zusammen mit dem jüngeren Bruder war er schon da nur schwer zu bändigen. Die Hoffnung des Jugendamtes, beiden in einer Pflegegruppe auf einem Bauernhof die richtige Richtung zeigen zu können, erfüllte sich nicht. Beide bildeten ein verschworenes Team, resistent gegenüber Erziehungsversuchen. Im Alter von zwölf kamen sie wieder zur Mutter zurück, nach Konflikten dann zum Vater, wieder zurück zur Mutter und vor allem auf die Straße.

Das Angebot eines Mindestmaßes an Schulbildung und Sozialverhalten an einer Förderschule scheiterte. Als Team standen die beiden Brüder in einer eigenen Welt, die bald von Gewalt gegen andere beherrscht wurde. Immer häufiger gab es Vorfälle mit Körperverletzungen im Bereich zwischen Dortmund, Hattingen und Remscheid, die Polizisten wurden beleidigt, dazu kamen Diebstähle, Hehlereien und ab einem gewissen Alter Marihuana. Jugendgerichtsverfahren wurden aus Altersgründen zum großen Teil nicht weiter verfolgt oder wegen Geringfügigkeit gegen Ableistung von Sozialstunden eingestellt. Die Probleme mit ungebremster Gewalt auch im Familienkreis wurden immer schlimmer.

Selbst der Bruder wurde im Streit wegen einer Lappalie mit einem Messer schwer verletzt, die Ehefrau mehrfach verprügelt, in den Bauch getreten und mit einer Schere ins Bein gestochen. Sachbeschädigung durch Eierwürfe gegen Autos und Beleidigungen zeigten eher Kindliches im Wesen des Remscheiders – der Fund von zwei Marihuana-Pflanzen in der Wohnung verschärfte es.

Gerichte in Dortmund, Schwelm und Remscheid steigerten die Strafen. Schließlich, besonders wegen der schweren Körperverletzungen durch versuchten Totschlag, stand eine Jugendstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten zu Buche. Gegen dieses Gesamt-Urteil ging der 21-Jährige in Berufung. Nicht, weil das Amtsgericht Fehler gemacht habe – das Urteil war ihm zu hoch. Weil er jetzt auch den Angriff mit der Schere gestand, reduzierte das Landgericht das Urteil um vier Monate und bestätigte ansonsten die Urteilsfindung des Amtsgerichts. Die Aussicht auf eine Ausbildung in der Haft und eine Sozialtherapie mit dem Wunsch, seiner Tochter ein guter Vater zu werden, waren dabei sicher hilfreich. Die U-Haft geht jetzt nahtlos in die Haftstrafe über.

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