Erstes Konzert nach der Corona-Pause Kultureller Neustart im Remscheider Teo Otto Theater

Nach langen Wochen der Zwangspause wegen der Corona-Pandemie fand am Samstagabend mit dem virtuosen Auftritt des Pianisten Alexander Krichel das erste Konzert statt. Allerdings kamen nur 30 Besucher.

 Das Lächeln blieb unter der Maske verborgen: Einlasshelfer lotsten die Besucher im Einbahnstraßensystem zu und von ihren Plätzen.

Das Lächeln blieb unter der Maske verborgen: Einlasshelfer lotsten die Besucher im Einbahnstraßensystem zu und von ihren Plätzen.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Während des Konzerts, wenn man etwa im furiosen Auftakt, dem Allegro assai aus Ludwig van Beethovens Klaviersonate Nr. 23 „Apassionata“, die Augen schließt, und sich nur dem Spiel Alexander Krichels hingibt, könnte man glauben, dass alles wie immer ist. Ein Samstagabend mit hochwertiger klassischer Musik im Teo Otto Theater eben. Aber natürlich ist es das nicht. Schließlich befindet sich die Welt, befindet sich auch Remscheid, immer noch mitten in der Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen.

Aber, und das ist die wunderbare Nachricht des Pfingstwochenendes, das Leben geht weiter. Die Menschen sind flexibel und erfinderisch. „Wir sind wieder da. Schön, dass Sie es auch sind“, mit diesen Worten wendet sich Sven Graf, der künstlerische Leiter des Teo Otto Theaters, zu Beginn an die rund 30 Kulturfreunde im hygienevorschriftskonform umgebauten Theaterrund. „Wir sind wieder da“ – das prangt auch gut sichtbar in den Schaukästen vor dem Theater. Und das ist gut so.

Klar, es ist kein Konzertabend wie jeder andere. Aber es ist eben immerhin ein Konzertabend. Kein lockeres Zusammenstehen im Foyer vor oder nach dem Konzert. Kein angeregtes Unterhalten über das Dargebotene in der Pause – denn es gibt keine Pause. Mit einem Einbahnstraßensystem werden die rund 30 Besucher von den Helfern in den Saal geleitet. Die Besucher-Obergrenze liegt bei 100, wie Theater-Disponentin Constanze Mandt sagt. „Sie können es nicht sehen, aber seien Sie sicher: Unsere Mitarbeiter lächeln sie an, wenn Sie sie sehen“, betont Graf. Klar, denn sobald man nicht an seinem Platz sitzt, herrscht Maskenpflicht. Immerhin darf man sie am Platz abnehmen, eine Mund-Nase-Maske hätte den Konzertgenuss fraglos beeinträchtigt. Von den wie immer freundlichen Theater-Mitarbeitern bekommt man seinen Sitzplatz zugewiesen. Abstand zum Nachbarn ist notwendig – und das wird auch konsequent umgesetzt.

Als das Licht ausgeht, betritt Alexander Krichel die Bühne. Der 30-Jährige sollte am Samstag eigentlich in Yokohama auftreten, den Pfingstsonntag hätte der Ausnahmepianist in Tokio verbringen sollen, aber die Japan-Tour ist natürlich ausgefallen. „Jetzt ist alles anders, und ich bin unfassbar dankbar dafür, dass ich heute Abend für Sie spielen darf“, sagt der Musiker. Und man glaubt es ihm sofort, ist selbst hungrig darauf, wieder Klassik, wieder Kultur, in einem echten Theater hören zu können.

In den vergangenen zwei Monaten waren Live-Streams aus den Wohnzimmern von Musikern, etwa vom Pianisten Igor Levit, der über 50 Hauskonzerte via Twitter online streamte, das höchste der Gefühle. Wie wunderbar ist es da, einem Ausnahmekünstler wie Krichel zuhören und -sehen zu können. Wie er etwa im dritten Satz der „Appassionata“ förmlich über die Tasten fliegt, wie er das Allegro ma non troppo als Kabinettstückchen für Virtuosität so locker und leicht präsentiert, als sei es die leichteste Fingerübung überhaupt. Und auch die anderen beiden Werke des rund eineinhalbstündigen Konzerts haben es diesbezüglich in sich. Zwei Teile aus Franz Liszts Klavier-Zyklus „Années de Pèlerinage“ runden diese kleine Rückkehr in die kulturelle Normalität am Samstagabend ganz wunderbar ab.

Und der Virtuose am Klavier entführt das Publikum unter anderem nach Venedig und Neapel, in die beiden italienischen Wasserstädte. Und egal, ob Krichel die „Gondoliere“ melancholisch zum Singen bringt, in einem Tanz wie von der sprichwörtlichen „Tarantella“ gestochen wild über die Tasten jagt oder später den Abstieg in die Hölle nach Dante Aleghieris „Göttlicher Komödie“ vertont - es tut gut, dieses Stückchen Normalität, auf das man über zwei Monate gewartet hat. Das findet auch Eric Monot, der den Abend sehr genossen hat. „Ich bin optimistisch, es war ein wunderbares Konzert. Es wird in den kommenden Wochen weiter zurück in die Normalität gehen – bis es auch wieder Schauspiel und Opern auf der Teo-Otto-Theater-Bühne zu sehen gibt“, sagt er lächelnd.

Renate Meissner ist ebenfalls glücklich nach diesem Konzertabend: „Es ist natürlich anders, aber es ist gut“, sagt sie. Besonders für die Künstler sei es ein Segen, dass sie wieder auftreten könnten. Dass nur etwa 30 Besucher gekommen seien, könne ihrer Meinung nach am System des Online-Buchens gelegen haben.

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