„Alte Bekannte“ in Remscheid Live im Wohnzimmer dabei

Lennep · Das Streaming-Konzert der A-Capella-Gruppe „Alte Bekannte“ aus der Klosterkirche lockte knapp 1600 Zuschauer an die heimischen Bildschirme. Ein echter Live-Ersatz kann es aber nicht sein.

 Livestream mit den „Alten Bekannten“ Björn Sterzenbach (v.l.), Friedemann Petter, Daniel Dickopf, Ingo Wolfgarten und Clemens Schmuck.

Livestream mit den „Alten Bekannten“ Björn Sterzenbach (v.l.), Friedemann Petter, Daniel Dickopf, Ingo Wolfgarten und Clemens Schmuck.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Man ist geneigt, Daniel Dickopf direkt zuzustimmen: „Danke schön, das ist ja total schräg hier...“, sagt einer der fünf Sänger der A-Capella-Gruppe „Alte Bekannte“ zu Beginn des Streaming-Konzerts der „Wise-Guys“-Nachfolger aus der Klosterkirche am Dienstagabend. Und in der Tat – selbst wenn man an den Konsum von Konzert-DVDs gewöhnt ist, ist es doch noch einmal eine ganz andere Sache, wenn tatsächlich über den Bildschirm live dabei ist. Die moderne Technik macht es möglich und ist in dem Fall ein echter Segen. Sie führt übrigens auch dazu, dass bei einem Konzert in der Klosterkirche die unglaubliche Zahl von knapp 1600 Zuschauern dabei sein kann – und das mitten in der zweiten Welle der Corona-Pandemie.

Nun ist das alles aber doch in erster Linie tatsächlich einigermaßen „schräg“, und das wohl für alle Beteiligten. Es ist den fünf Musikern hoch anzurechnen, dass sie von Anfang an das Beste aus dieser ungewohnten Konzert-Situation machen. Ein wenig kann da der ureigene Humor helfen, den man schon von den „Wise Guys“ her kennen und schätzen gelernt hat. „Klatscht ihr eigentlich nach den Songs im Wohnzimmer?“, fragt Daniel Dickopf an einer Stelle in die Kamera. „Die klatschen im Chat“, kommt die prompte Antwort von einem Sangeskollegen. Und tatsächlich – verlässt man die Vollbild-Ansicht des Youtube-Streams, taucht das Chat-Fenster auf, in dem die Zuschauer im Sekundentakt kommentieren. Mit Herzchen-Emoticons ebenso wie mit klatschenden Händen oder lobenden Worten für die technische Umsetzung und die musikalische Darbietung.

Man hört dem Quintett zu jeder Sekunde die Freude am gemeinsamen Singen an. Es ist die große Leistung der Band, dass dieses Gefühl es durchaus authentisch durch die Kupfer- und Glasfaserleitungen in die heimischen Wohnzimmer schafft. Und es ist weder die Schuld der Band noch der Technik, dass es ein wenig Schwund bei der Atmosphäre gibt. Denn natürlich ist es eben nicht das Gleiche wie im echten Konzert. Und auch wenn der Live-Stream problemlos funktioniert, es keine Ausfälle oder Schwankungen gibt, ist gerade die Bildqualität bisweilen doch etwas grobkörnig. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau, denn viel wichtiger als alles andere ist es doch, überhaupt mal wieder ein Konzert sehen zu können. Oder, wie es Daniel Dickopf sagt: „Konzerte brauchen Menschen! Wir sehnen den Tag herbei, wenn wir hier wieder vor ausverkauftem Haus spielen können.“

Bis es wieder soweit ist, muss man aber nun einmal das nehmen, was man bekommen kann. Und man kann der Band, dem Team der Klosterkirche und der Remscheider Video-Produktionsfirma AlphaAlias, die für die Technik verantwortlich ist, an diesem grauen Dezemberabend nicht dankbar genug dafür sein, dass sie ein so buntes und – musikalisch wie textlich – farbenfrohes Quasi-Live-Erlebnis ermöglichen. Besonders deutlich macht sich das bei großartigen Songs wie der herrlichen Kinder-Hommage „Kleiner Terrorist“, dem auf einem John-Lennon-Zitat basierenden „Das Leben“ oder der wundervoll melancholischen Cover-Version eines Alter-Bridge-Songs mit dem Titel „Watch Over You“.

Und sind die fünf Sänger – neben Bariton Daniel Dickopf sind das die weiteren Baritone Ingo Wolfgarten und Clemens Schmuck sowie Bass Björn Sterzenbach und Tenor Friedemann Petter – zu Beginn noch hörbar ein wenig nervös, legt sich das im weiteren Verlauf des anderthalbstündigen Konzerts. Etwa beim flotten „Ich habe kein Tattoo“ oder den beiden „Wise-Guys“-Klassikern „Deutsche Bahn“ und „Jetzt und hier“. Nach einer guten Stunde platzt ein Knoten. Dann könnte das Konzert noch ewig weitergehen.

Nur leider ist es dann auch schon fast wieder vorbei. Zurück bleibt ein Gefühl, das sich schwer in Worte fassen lässt, ohne sentimental zu werden. Es ist keineswegs das Gefühl, die Zukunft des Live-Konzerts erlebt zu haben. Wohl aber das Gefühl, in einer schwierigen Zeit, ein kleines Stückchen Glück serviert bekommen zu haben. Wie passend ist es da doch, dass als Zugabe eine Gänsehaut-Version des Weihnachtslieds „Stille Nacht“ serviert wird.

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