Samstagabend in der Remscheider City Kneipen-Gäste nehmen Vorgaben in Kauf

Remscheid · Es ist Samstag Abend, kurz nach 20 Uhr. Beste Ausgehzeit. Vor Corona tobte zu dieser Zeit in Cafés, Bars und Restaurants das Leben. Ob es jetzt nach den Lockerungen wohl wieder so ist?

 Miro-Inhaber Torsten Dehnke (rechts) mit seinen Stammkunden Walter und Gabi Krings sowie Marion und Stephan Eller (von links).

Miro-Inhaber Torsten Dehnke (rechts) mit seinen Stammkunden Walter und Gabi Krings sowie Marion und Stephan Eller (von links).

Foto: Cristina Segovia-Buendia

Der Weg zu den Szenecafés der Innenstadt lässt Böses erahnen: Die Straßen wirken verwaist. Vor der Erlebbar, wo sich am Wochenende für gewöhnlich eine größere Menschentraube auf der Hindenburgstraße bildet, herrscht gähnende Leere. Die Außenreklame bestätigt: „Wir haben geöffnet.“

Beim Betreten der Bar, natürlich mit Mund- und Nasenschutz, grüßt eine Kellnerin, ebenfalls mit Mundschutz, schon von Weitem und deutet auf einen Tisch am Eingang. „Bitte die Hände desinfizieren.“ Nur wenige Gäste sitzen in geselliger Zweisamkeit in der Bar. Die Kellnerin geleitet zum Tisch – eine kleine Insel, deren Sicherheitsbereich auf dem Boden mit schwarzem Klebeband markiert ist. „Hier darf man ohne Mundschutz sitzen, sobald man den Tisch verlässt, muss die Maske aber wieder aufgezogen werden“, erklärt Simon Riesebeck, Geschäftsführer der Erlebbar.

Zettel liegen auf dem Tisch, in die sämtliche Daten eingetragen werden müssen, Name, Telefonnummer, Tischnummer und die Aufenthaltszeit. Ein Nachweis, falls eine Infektion auftreten sollte. „Gefühlt haben die Leute noch Angst, in Cafés und Restaurants zu gehen“, sagt Riesebeck. In der Erlebbar gab es vor Corona rund 75 Sitzplätze. „Im Optimalfall lassen wir jetzt noch 38 Gäste zeitgleich rein, um den Sicherheitsabstand zu gewährleisten.“ Der Besucherstrom in der Woche habe sich zu der Zeit vor der Schließung nicht verändert. „Da waren wir auch vorher nicht voll ausgelastet. Aber am Freitag hat man den Rückgang dann schon bemerkt.“

Uwe Schulz konnte die Öffnung nicht abwarten. An diesem Samstag sitzt er mit Freund Jochen Höfer in der Erlebbar. „Ein Stück Lebensqualität ist zurück“, findet Schulz, der nunmehr seit acht Wochen im Homeoffice sitzt und sich nach einem geselligen Kneipenabend sehnte. „Ich kann verstehen, dass sich viele noch nicht raus trauen, aber für mich ist das kein Problem.“ Die neuen Freiheiten, urteilt Jochen Höfer, „sollten wir jetzt aber vorsichtig genießen“. Um niemanden zu gefährden, halte er sich strikt an die Vorgaben, trage Mundschutz, desinfiziere regelmäßig seine Hände und könne deswegen auch gut mit den Auflagen in den Cafés und Restaurants leben. „Wirte und Ordnungsamt können ja nun mal nichts für die Vorgaben, wir sollten sie also unterstützen, damit wir bald auch ohne Mundschutz und in größeren Gruppen wieder zusammensitzen können.“

Ortswechsel: Kurz nach 21 Uhr im „Rack’n’Roll“-Billardcafé. Statt der üblichen Geräuschkulisse aus Musik und zusammenstoßender Billardkugeln, erinnert das Rack an ein Kloster: Stille und so gut wie kein Betrieb. Zwei Herren spielen gedankenversunken an den Tischen, während ein Paar im vorderen Bereich an seinen Getränken nippt. „Normalerweise haben wir zu dieser Zeit immer die Hütte voll“, erklärt Ina Süss. Auch die Wiederaufnahme der Fußball-Bundesliga habe am Nachmittag kaum Gäste ins Café gelockt. Die Atmosphäre sei durch die reduzierte Anzahl an Sitzplätzen anders. Mit maximal 26 Gästen fühlt man sich im großen Café verloren. Süss hofft, dass bald wieder größere Gruppen die Gastronomie besuchen können. Ihr zweites Lokal, das Löf, an der Theodor-Körner-Straße hält das Gastronomen-Ehepaar weiterhin geschlossen, „bis wieder Veranstaltungen möglich sind.“ Für sie lohne es sich derzeit ja schon kaum das Rack zu öffnen.

Anders sieht es im Miró aus: Es ist 22 Uhr und das kleine Lokal an der Scharffstraße ist unter den aktuellen Bedingungen voll ausgelastet. Statt der üblichen 60 Plätze, darf Torsten Dehnke nur noch 25 Gäste in sein Lokal lassen. „Wir mussten leider auch schon Leute abweisen“, berichtet Dehnke. Unter diesen Bedingungen könnte er seinen Betrieb aufrechterhalten, auch wenn keine Gewinne dabei herausspringen. „Zumindest ist es kostendeckend.“ Die Maßnahmen seien von seinen Gästen gut aufgenommen worden, auch wenn sich Dehnke Gedanken macht, ob die Maskenpflicht für sein Personal im Sommer praktikabel sei. „Es ist wirklich anstrengend mit der ganzen Lauferei, und dann noch bei 36 Grad, das wird schon kritisch.“

Zu 95 Prozent, berichtet der Inhaber, seien es Stammgäste, die ihn dieser Tage besucht hätten. Die befreundeten Ehepaare Walter und Gabi Krings sowie Marion und Stephan Eller hatten sich frühzeitig einen Tisch reservieren lassen. „Wir haben uns selten so sehr auf einen Samstagabend gefreut wie diesmal“, sagt Stephan Eller . „Es ist eine große Freude und ein echtes Glücksgefühl wieder hier zu sein“, sagt Walter Krings. „Man hat das Rausgehen vermisst. Das Miró ist unser zweites zu Hause.“

Die Sicherheitsvorkehrungen nehmen die Ehepaare gerne in Kauf. „Das ist kein Problem. Hauptsache, wir können wieder hier rein.“ Dehnke aber ist vorsichtig: „Die Situation ist derzeit für alle surreal. Jetzt ist es noch lustig, in zwei, drei Wochen könnte es aber lästig werden mit Maske, Desinfektion, Abstand und Reservierung, sodass die Leute wegbleiben“

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