Klangkosmos im Remscheider Teo Otto Theater Virtuosität und Völkerverständigung

Remscheid · Etwa eine Stunde Weltmusik aus Armenien, Georgien und aus Anatolien gab es in der Reihe „Klangkosmos“ im Foyer des Teo Otto Theaters.

 Klangkosmos im Teo Otto Theater. Arsen Petrosyan, Mikail Yakut und Deniz Mahir Kartal zogen die Zuhörer im Foyer in ihren Bann.

Klangkosmos im Teo Otto Theater. Arsen Petrosyan, Mikail Yakut und Deniz Mahir Kartal zogen die Zuhörer im Foyer in ihren Bann.

Foto: Jürgen Moll

Der Klangkosmos im Teo Otto Theater ist eine wirklich perfekt benannte Reihe. Man könnte eigentlich noch ein Mikro- davor setzen, denn zu den liebenswerten Konzerten an Donnerstagsabenden war im Foyer im Obergeschoss des Theaters immer ein kleiner Teil der so vielfältigen musikalischen Welt zu Gast.

Diesmal war es das AGA-Trio, das nach Remscheid gekommen war, wobei die drei Buchstaben für Armenien, Georgien und Anatolien standen – den drei Ländern, die von Arsen Petrosyan (Duduk, Armenien), Mikail Yakut (Akkordeon, Georgien) und Deniz Mahir Kartal (Kaval und Gitarre, Türkei) zu einem großen Ganzen zusammengefasst wurden. Denn in den Ländern und Regionen, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder von Krieg getrennt und von Gemeinsamkeiten geeint waren, gibt es eine ebenso lange musikalische Tradition. Frohe und fröhliche Tänze und Gesänge im Frieden, Klagelieder im Krieg. Beides gab es in der guten Stunde zu hören, wobei vor allem die virtuose Musikalität und Beherrschung der Instrumente der drei Künstler zu begeistern wusste.

Duduk und Kaval waren dabei unterschiedliche Flöten, die ähnliche Klänge produzierten und sich jeweils sehr schön mit dem Akkordeon ergänzten. Liebreizende Töne und Melodien waren das, auch wenn die Stücke an sich oft eher traurig waren – wie etwa jenes, das an ein Massaker in Armenien erinnerte, oder die georgische Weise über ein verschwundenes kleines Mädchen. Da war es bisweilen geradezu meditativ, wenn Mikail Yakut einen tiefen Akkordeonton über mehrere Sekunden hielt, während Arsen Petrosyan orientalische Tonfolgen auf seinem Instrument erklingen ließ. Wären im Foyer des Teo Otto Theaters nicht die Vorhänge an den Fenster zugezogen gewesen, hätte der Blick, beseelt von dieser betörenden Klangmeditation, über die Dächer der Stadt auf die Reise gehen können.

Dass es auch anders – und deutlich weniger schwermütig – ging, zeigte direkt im Anschluss daran ein kleiner und sehr fröhlicher Tanz aus Georgien. Der kam auch beim Publikum sehr gut an, wie sich am deutlich kräftigeren Applaus zeigte. Dass diese virtuose Völkerverständigung überhaupt möglich geworden war, hatte seinen Ursprung übrigens in einem Stipendium, das Deniz Mahir Kartal 2017 ermöglicht bekam. „Damals ging ich auf die Suche nach traditionellen armenischen Volksstücken, gerade auch im Kontext des Genozids der 1920er Jahre, lernte dabei Arsen Petrosyan kennen, und wir spielten zusammen diese Lieder,“ erzählte der anatolische Musiker. Es sei eine „wundervolle und inspirierende“ Reise gewesen, von der er seinem georgischen Kollegen Mikail Yakut berichtete - das Trio hatte sich gefunden, das musikalisch-kulturelle Dreieck war vervollständigt: Das AGA-Trio war geboren.

Nach mehreren gemeinsamen Stücken unterschiedlicher Herkunft, spielte Deniz Mahir Kartal seine Kaval auch solistisch. Das sorgte für einige erhellende und durchaus interessante Momente, da die Langflöte eine faszinierende Klangmischung aus rau und weich bot. Und auch die Halb- und Vierteltöne, die allerdings eher dem Kulturkreis als dem Instrument an sich geschuldet gewesen sein dürften, entführten den Zuhörer ganz einfach in einen fremden Klangkosmos, der das Kopfkino auf eine Reise in den äußersten Osten Europas und bis nach Asien entsandte. Aber auch das armenische Duduk wurde von Arsen Petrosyan solistisch zur Geltung gebracht, erinnerte dabei ein wenig an eine Klarinette – und hatte doch eine ganz eigentümliche und irgendwie fremdländische Klangfarbe, wie gerade im ganz reinen und durch keine anderen Instrumente verwässerten Soloklang zu hören war.

Das Akkordeon von Mikail Yakut hingegen war ein Instrument, das zwar in Deutschland erfunden wurde, in Georgien aber zum Nationalinstrument geworden war. Allerdings kam es ja doch immer auch darauf an, wie das Instrument gespielt wurde – und so schaffte Mikail Yakut es, in seinem Solostück zum einen vertraut zu klingen und gleichzeitig doch für genau diese gewisse klangliche Besonderheit zu sorgen, die einen packte und für die man den Klangkosmos liebte.

Letztlich waren es aber die gemeinsamen Stücke, die am besten gefielen, da sie als Klang-Konglomerat nicht nur zeigten, dass es am schönsten klang und auch auf der Ebene der Völkerverständigung deutlich machten, um wieviel schöner die Welt sein könnte, wenn man zusammen arbeitete, kreativ wäre und lebte. Eine schöne Utopie, dieser Gedanke.

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