Denkmäler in Remscheid Ein Gefängnis mit langer Geschichte
Serie | Lüttringhausen · Die Justizvollzugsanstalt Remscheid an der Masurenstraße in Lüttringhausen wurde 1906 erbaut. Dem denkmalgeschützten Gebäude wurde 100 Jahre später ein Neubau an die Seite gestellt.
Es dürfte kein Wunder sein, dass es in keiner Sprache der Welt die Phrase: „So schön wie ein Gefängnis“ gibt. Sollen sie doch in erster Linie abschreckend auf potenzielle Straftäter wirken – auch wenn der Schwerpunkt in der Justiz heutzutage vor allem auf der Resozialisierung liegt. Dennoch gibt es architektonisch sehr interessante Justizvollzugsanstalten – wie auch jene im Remscheider Stadtteil Lüttringhausen an der Masurenstraße. Der Hauptbau stammt aus dem Jahr 1906 – er steht seit Juni 1985 auf der Liste der Baudenkmäler der Stadt Remscheid. Das Innere des Gefängnisses sieht man als Normalsterblicher eher nicht – und wenn dann nur in Begleitung. Dabei bietet sich dort ein wunderschön anzusehender Kontrast zwischen alt und modern – denn von 2006 bis 2008, also rund 100 Jahre nach dem Ursprungsbau, wurde der Neubau errichtet, in dem ebenfalls Hafträume untergebracht sind.
In Betrieb genommen wurde die heutige Justizvollzugsanstalt im Jahr 1906 als „Königliches Gefängnis Lüttringhausen“, wie in einer Festschrift zum 100-Jährigen im Remscheider Stadtarchiv zu lesen ist. Bekannt war das Gefängnis allerdings als Zuchthaus. Die damalige NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter von der CDU, wies in ihrem Jubiläums-Grußwort auf diesen „Spannungsbogen“ hin, der vor allem in den beiden Architekturen deutlich wurde – der einen vorhanden, die andere erst im Bau befindlich. „Auf der einen Seite der denkmalgeschützte Kreuzbau als Zeuge der Vergangenheit, auf der anderen Seite die umfangreichen Baumaßnahmen für den Neubau.“
Den Kreuzbau, beziehungsweise den Turm an dessen Eingang, sieht man heutzutage immer noch als erstes, wenn man in Richtung JVA unterwegs ist. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt ist Andreas Schüller. Er kennt – und schätzt! – das Arbeiten in einem so alten Gebäude. „Es hat sehr viel Charme, wesentlich mehr, als die ganz modernen Gefängnisse“, sagt er. Einen ganz praktischen Effekt habe das alte Gefängnis obendrein. „Man hört sofort, wenn irgendwo etwas Ungewöhnliches im Gange ist“, sagt er. Wenn man sich dann auf den Rundgang durch das alte Gefängnis macht, weiß man sofort, was er damit meint. Die vier Flügel, die charakteristisch in Kreuzform angelegt sind, sind offen, der Blick geht von ganz unten bis in den vierten Stock. Verbunden sind die Stockwerke durch ebenfalls offene Treppen.
Ein wenig fühlt man sich an Filmszenen erinnert, etwa aus dem mehrfach oscar-preisgekrönten Werk „Die Verurteilten“. Wobei die Hafträume, wie die Zellen auch genannt werden, nicht mit Gittertüren verschlossen sind, sondern mit geschlossenen Türen. „Sollte aber etwa in dem einen Flügel auch nur etwas herunterfallen, dann hört man das im ganzen Gefängnis – insofern steigert das das Sicherheitsgefühl der Mitarbeitenden“, sagt Oliver Oberbossel. Der Justizvollzugsamtsinspektor arbeitet seit dem Jahr 2000 in der JVA Remscheid – und möchte auch gar nirgends anders arbeiten. „Ich kenne auch andere Gefängnisse, hier steht man immer im Austausch miteinander – und ich habe auch den Eindruck, dass das für die Gefangenen entlastend ist“, sagt er.
Das kann auch Andreas Schüller bestätigen, der selbst schon in unterschiedlichen Strafanstalten gearbeitet hat. „Ich habe von Gefangenen aus Düsseldorf gehört, wo es auch ein solch altes Gefängnis gibt, die, als sie in eine neue Anstalt verlegt wurden, beinahe geweint hätten“, sagt er. Es werde sich sicherlich auf Dauer nicht vermeiden lassen, dass die alten Strafanstalten irgendwann aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr weitergeführt werden können. „Aber ich empfinde es als sehr angenehm hier zu arbeiten – wenn auch eine neue Anstalt die alten in technischer Hinsicht schlägt. Aber ich finde diese neuen Gefängnisse oft beinahe als klinisch.“ Andreas Schüller hat seine Stelle im Mai 2022 angetreten.