Jugendratswahl in Remscheid Jugendliche an den Wahlurnen

Remscheid · Alle zwei Jahre wird in Remscheid ein neuer Jugendrat gewählt. Nächste Woche ist es wieder soweit. Das Gremium dient als direkte Vertretung der Kinder und Jugendlichen der Stadt und hat Einflussmöglichkeiten auf die Kommunalpolitik.

 Mitglieder des aktuellen Jugendrates (v.l.n.r): Belinda Tillmanns, Jeanne-Sophie Mortazawi, Francesco Lo Pinto und Geschäftsführer Gerhard Dietrich-Wingender.

Mitglieder des aktuellen Jugendrates (v.l.n.r): Belinda Tillmanns, Jeanne-Sophie Mortazawi, Francesco Lo Pinto und Geschäftsführer Gerhard Dietrich-Wingender.

Foto: Eirik Sedlmair

Ab dem 9.März können Jugendliche in Remscheid einen neuen Jugendrat wählen. 28 Kandidaten zwischen 14 und 17 Jahren stellen sich zur Wahl. Dabei sind auch einige, die schon im aktuellen Jugendrat sind. Was für Kompetenzen hat der Jugendrat, was hat er in den vergangen zwei Jahren geschafft – und was nicht? Und wie bringt er die Mitglieder auch persönlich weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist der Jugendrat? Der Jugendrat vertritt als gewählte Interessenvertretung die Kinder und Jugendlichen der Stadt Remscheid. 2003 beschloss der Stadtrat, das Gremium in Remscheid einzurichten. Es hat
15 Mitglieder und fünf Nachrücker.

Wer kann den Jugendrat wählen – und wer kann gewählt werden? Jeder Einwohner Remscheids, der hier seinen Hauptwohnsitz hat und zwischen 14 und 17 Jahre alt ist, kann den Jugendrat wählen – und  gewählt werden. Vom
9. bis zum 13.März werden in allen weiterführenden Schulen der Stadt Wahlkabinen aufgebaut. „Letztes Jahr hatten wir eine Wahlbeteiligung von knapp unter 60 Prozent“, sagt Gerhard Dietrich-Wingender. Der Stadtangestellte ist Geschäftsführer des Jugendrates. „Und diese Zahl war eher schlecht, wir hatten auch schon eine höhere Wahlbeteiligung.“ Gewählt wird alle zwei Jahre.

Wie arbeitet der Jugendrat? Es gibt zehn Sitzungen im Jahr. „In den Ferien machen wir nichts“, sagt Dietrich-Wingender. Zu Beginn einer Legislaturperiode werden Projektgruppen gebildet, die sich mit bestimmten Themen befassen. Jeanne-Sophie Mortazawi ist aktuelles Mitglied im Jugendrat und kandiert auch wieder für die nächsten zwei Jahre. „Am Anfang ist es echt viel. Man schnuppert ein bisschen herum, schaut, was man machen möchte“, sagt sie. Aber das lege sich mit der Zeit. „Eine Sache, die man im Jugendrat gut lernt: Zeitplanung“, sagt sie. Stress sei die Arbeit dort ohnehin nicht gewesen.  „Für mich ist das Freizeit, ich mache das gerne“, sagt die 17-Jährige.

Wie viel Macht hat der Jugendrat? Der Jugendrat kann keine endgültigen Beschlüsse fassen. Aber er kann in jugendrelevanten Themen Empfehlungen an den Jugendhilfeausschuss weitergeben, der dann darüber berät und gegebenenfalls abstimmt. „Wir haben im siebten Jugendrat zum Beispiel beschlossen, dass der Pferdestall eine dauerhafte Gedenkstätte werden soll“, sagt Francesco Lo Pinto. Der 18-Jährige tritt bei der bevorstehenden Wahl aus Altersgründen nicht mehr an. Aktuell ist er aber noch stellvertretender Vorsitzender des Jugendrates und war auch schon beim vorherigen, dem siebten, Rat dabei. Außerdem hat der Jugendrat des Status eines Beirates. Das bedeutet: „Die Politik ist verpflichtet, dem Jugendrat alle jugendrelevanten Themen zukommen zu lassen“, sagt Gerhard Dietrich-Wingender. „Wir hatten alle immer das Gefühl, ernst genommen zu werden. Wenn die Poltiker uns was gefragt haben, haben die unsere Meinung geschätzt“, sagt Belinda Tillmanns. Die 16-Jährige ist aktuelles Mitglied im Jugendrat und kandidiert auch bei der nächsten Wahl.

Was hat der achte Jugendrat vorangebracht? „Wir haben nicht ganz so viel geschafft, wie wir uns das vielleicht am Anfang vorgenommen haben“, sagt Sophie-Jeanne Mortazawi.  Das habe mehrere Gründe, aber „das hatte vor allem ganz viel damit zu tun, dass ich lange krank war“, sagt Dietrich-Wingender. So hätten sie weniger vorantreiben können. Aber das heißt nicht, dass der Jugendrat gar keine Projekte umsetzen konnte. So zum Beispiel der Bolzplatz an der Richardstraße in Hasten. Ein Junge hatte sich an Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz gewandt, weil der Bolzplatz völlig abgenutzt war. Der OB gab das Anliegen an den Jugendrat weiter, mit dessen Hilfe konnten spenden gesammelt werden, der Bolzplatz wurde renoviert. Außerdem waren die Mitglieder im „Internationalen Tag gegen Transphobie“ vertreten, sie organisieren das RS United-Festival, nehmen an Aktionen gegen Rassismus teil. „Prinzipiell kann man sage, dass wir uns immer gegen Extremismus eingesetzt haben“, sagt Francesco Lo Pinto. Und auch für Senioren: Die Jugendlichen organisierten mit dem Seniorenbeirat eine Handyschulung für ältere Mitbürger.

Welche Projekte sollen nächstes Jahr angegangen werden? Jeanne-Sophie Mortazawi wollte schon in der vergangenen Legislaturperiode eine App entwickeln die Schülern in Remscheid Neben-und Ferienjobs vermittelt. Das habe aus verschiedenen Gründen nicht geklappt, doch die 17-Jährige möchte, wenn sie gewählt wird, einen neuen Versuch starten. „Jetzt kenne ich die wichtigen Leute, das System“, sagt sie. Ein weiteres Dauerthema ist ein Jugendtreff oder ein Jugendcafé in Remscheid. Lange wurde dafür als Standort die Alleestraße vorgesehen, sagt Dietrich-Wingender. Aber das Café müsse nicht zwingend dort errichtet werden.

Wie viel Fridays for Future steckt im Jugendrat? Die große Jugendbewegung unserer Zeit macht natürlich auch vor dem Remscheider Gremium nicht halt. Als es die Proteste losgingen „waren die in jeder Sitzung mit einem Tagesordnungspunkt dabei“, sagt Francesco Lo Pinto. „Es gibt auch personelle Überschneidungen“. Außerdem habe Lo Pinto sich beim Oberbürgermeister dafür stark gemacht, dass die Aktivisten einen Raum für Planungen und Besprechungen im Rathaus bekommen, sagt Dietrich-Wingender. „Und es gab die Arbeitsgruppe Fridays for Future“, sagt der Geschäftsführer. Daran war auch der Jugendrat beteiligt, gemeinsam mit Aktivisten und Fachleuten aus der Verwaltung wurde eine Liste mit elf Forderungen sowie eine Selbstverpflichtung zum Schutz des Klimas erarbeitet.

Was hat die Zeit im Jugendrat für die Mitglieder persönlich gebracht? „Erstmal habe ich mitbekommen, wie bestimmte Dinge laufen, man lernt die Gesichter kennen, das ganze System kennen“, sagt Jeanne-Sophie Mortazawi. „Was ich schön fand: Dass man mitbekommen hat, was in Remscheid los ist. Ich wusste immer mit als Erste, was es für neue Projekte gibt. Und dadurch, dass man selbst aktiv mitwirken kann, war das halt eine sehr schöne Sache“, so die 17-Jährige weiter. „Der Jugendrat ist politische Bildung pur“, sagt Dietrich-Wingender. Burcu Aksoyek wird auch nächstes Jahr wieder für den Jugendrat kandieren. Vor zwei Jahren hat sie, wie alle Remscheider zwischen 14 und 17 Jahren, einen Brief vom Oberbürgermeister bekommen, in dem er die Jugendlichen aufforderte, für das Gremium zu kandieren. „Ich war kurz davor, ihn wegzuschmeißen“, sagt sie. Jetzt ist sie froh, es nicht getan zu haben. „Der Jugendrat hat mich extrem geprägt und meinen Charakter weiterentwickelt. Ich bin viel offener geworden, viel selbstbewusster, ich kann vor vielen Menschen reden“, sagt die 16-Jährige. „Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, was ich ohne den Jugendrat machen würde. Er ist schon Teil meines Lebens.“

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